Genie auf Rädern

Begegnung mit „Rallye-Legende“ Walter Röhrl in Baden-Baden

Er hat die berühmte Rallye Monte Carlo viermal gewonnen. Er wurde zum Fahrer des Milleniums gewählt und zweimal war er Rallyeweltmeister. Niki Lauda nannte ihn „Genie auf Rädern“: Walter Röhrl. Der gebürtige Regensburger ist jetzt 71 Jahre alt, doch noch immer ist er in Rennwagen unterwegs – aber nur zum Spaß.
Dieser Spaß brachte die Rallyelegende beispielsweise bei der letzten Oldtimer-Rallye AvD-Histo Monte in die Region der Handwerkskammer Karlsruhe. Im Interview spricht Walter Röhrl über gute und schlechte Autofahrer, sein Leben „mit mehr Benzin als Blut in den Adern“ und darüber, was ihn mit dem Schwarzwald verbindet.

Wie charakterisieren Sie Ihr Verhältnis zum Auto?

Walter Röhrl: Das Auto ist für mich zum Körperteil geworden, das muss mir so gehorchen wie der kleine Finger. Es war immer mein Bestreben, dass ich absolut der Chef im Auto bin und das Auto genau das macht, was ich will. Das ist es auch nach wie vor, was mich begeistert. Ich hatte letzten Winter etliche Trainings auf Eis und Schnee ... es war einfach toll.

Ist das Talent?

Röhrl: Einerseits schon. Das habe ich im Übrigen nicht selbst ent- deckt, sondern ein Freund, der hat mich systematisch dahin bugsiert: „Du musst, Du musst Rennfahrer werden, ich habe noch nie einen Menschen gesehen, der so ein Gefühl für‘s Auto hat.“ Dann kommt meine wahnsinnig große Erfahrung dazu. Ich bin in meinem Leben weit über acht Millionen Kilometer gefahren. Übung macht natürlich auch den Meister.

Worin unterscheiden sich gute und schlechte Autofahrer?

Röhrl: Leider Gottes das größte Problem ist, dass die Leute träumen. Das entscheidet zwischen gut und schlecht. Man muss nicht ein talentierter Autofahrer sein, aber wenn man bereit ist, nur ans Autofahren zu denken, konzentriert und vorausschauend zu fahren, dann ist das schon was wert. Es gibt aber Autofahrer, die fahren heute schon autonom ... mit dem Blick auf ihr Handy statt auf die Straße. Wenn ich als Rennfahrer von gut spreche, hat dies aber natürlich etwas mit Schnellfahren zu tun.

Sie sind vier Jahrzehnte im Motorsport – kann man Ihre große Zeit in den 70er und 80er Jahren mit heute noch vergleichen?

Röhrl: Zu unserer Zeit war der Rallyesport eine Prüfung der Zuverlässigkeit von Mensch und Material. Die Rennen waren zwischen 3.000 und 5.000 Kilometer lang und man ist 40 Stunden am Stück gefahren, ohne Pause. Heute fahren die zehn Stunden und dann ist Pause. Die Autos haben sich natürlich auch wesentlich verändert, früher war alles noch mechanisch und wir hatten auch kein ABS. Die Möglichkeit, Fehler zu machen, war viel größer. Das hat aber auch dazu geführt, dass der gute Fahrer sich damals leichter tat. Heute, mit der ganzen Elektronik, kann fast jeder Blinde da mit fahren. Die Autos sind natürlich viel sicherer geworden ... aber ... der gute Fahrer muss auch mehr Risiko eingehen, damit er die anderen in die Schranken weisen kann.

Sie würden also nicht tauschen wollen.

Röhrl: Nein, ich hab das zur richtigen Zeit gemacht. Schauen Sie die Gruppe-B-Autos damals mit 535 PS, das waren einfach auch schöne Autos ... aber da musste man schon wissen, was man tat.

Walter Röhrl

wurde am 7. März 1947 in Regensburg geboren. Er fuhr von 1971 bis 1987 für insgesamt sechs Profi-Teams.

Seine größten Erfolge feierte er Anfang der 1980er Jahre.

Er gewann viermal die Rallye Monte Carlo (1980, 1982 bis 1984) und zweimal die Rallye-WM (1980, 1982), seit mehr als zwei Jahr- zehnten ist Röhrl Markenbotschafter und Versuchsfahrer bei Porsche.

www.roehrl-walter.de

Wie sehen Sie die Zukunft des Rennsports – ist eine Rallye Monte Carlo mit Elektroautos überhaupt denkbar?

Röhrl: Da bin ich etwas skeptisch. Vielleicht gibt es in 20 Jahren keinen Motorsport mehr ... ich weiß es nicht. Denn Motorsport hat auch etwas mit Emotionen zu tun und momentan kann man sich nicht vorstellen, dass ein Elektroauto Emotionen weckt. Die gehen zwar ganz gut, aber natürlich noch viel zu kurz. Die 4.000 Kilometer, die wir gefahren sind, sind ja undenkbar. Durch das Aufladen der Batterien würde eine solche Veranstaltung 14 Tage dauern ... und der richtige Sound fehlt, der gehört zum Motorsport dazu, darüber gibt es keine Diskussion. Die Jugend ist heute auch anders als zu unserer Zeit. Ich hab mit 17 jeden Tag gezählt, bis ich endlich den Führerschein bekommen konnte. Heute gibt es viele junge Leute, die sagen: Führerschein? Den brauche ich gar nicht.

Sie gelten als Perfektionist – gibt es etwas, was Ihnen bis heute nicht zu Ihrer Zufriedenheit gelungen ist?

Röhrl (lacht): Ja, ich hab mal versucht, das Golfspielen zu lernen und dabei bin ich jämmerlich gescheitert. Als Perfektionist hab ich mir schon überlegt, ob ich mich von der nächsten Brücke runterstürzen soll, so hab ich mich geärgert. Das ist leider Gottes ein bisschen ein Problem, das ich immer hatte, dieser Perfektionswahn. Golfen mach ich jetzt im Jahr noch ein-, zweimal. Da geh ich dann hin und sag, ok, Du hast es jetzt jahrelang probiert und kannst es einfach nicht ... es dauert so zwei Stunden, bis ich dieses Verständnis hab. Aber wenn ich am nächsten Tag nochmal spielen würde, dann würde ich schon wieder erwarten, dass ich es kann ... deshalb lasse ich es dann lieber.

 Die AvD-Histo-Monte bringt klassische Rennfahrzeuge auch in die Region.

Heute fahren Sie historische Rallyes wie die AvD-Histo-Monte, wie groß ist dabei Ihr Ehrgeiz?

Röhrl: Dabei geht es nur darum, dass ich die Straßen von früher wiedersehen möchte und dass ich diese alten Autos fahren darf. Und es geht darum, Spaß zu haben, auch mit Gleichgesinnten, die genauso verrückt sind wie ich, die auch mehr Benzin als Blut in den Adern haben.

Während der AvD-Histo-Monte kamen Sie durch den Nordschwarz- wald und auch nach Baden-Baden. Wie hat es Ihnen gefallen?

Röhrl: Ich war schonmal in Baden-Baden wegen der Vorstellung eines neuen Autos auf dem Flugplatz. Damals hab ich eine Woche in Baden-Baden verbracht, jeden Nachmittag bin ich drei, vier Stunden Rad gefahren, in den Schwarzwald rein, wirklich eine wunderbare Gegend, ganz toll, das hat mir gut gefallen. Das ist eine Region, in die ich bald wieder kommen werde, um das auch meiner Frau zu zeigen. Da sind schöne Erinnerungen, das ist absolut haften geblieben.

Quelle: YouTube

Info
Die Oldtimer-Rallye AvD-Histo-Monte wurde 1993 vom Automobilclub von Deutschland gegründet. Sie gehört nicht nur zu den bekanntesten, sondern auch zu den anspruchsvollsten Gleichmäßigkeitsfahrten für historische Fahrzeuge: www.avd-histo-monte.com. Die nächste Ausgabe steigt im Februar 2019. Seit fünf Jahren präsentiert in Karlsruhe auch die Wohltätigkeitsrallye „Lions Fidelitas Classic“ klassische Fahrzeuge – stets im Rahmen der Badischen Meile mit ihrer Handwerkerwertung.

Das Interview führte Christoph Ertz