Umspült von Vater Rhein

5.000 Besucher kommen jährlich zur Staustufe Iffezheim / 50.000 Fische durchschwimmen den Pass

Über den Turbinenraum fließt der mächtige Fluss hinweg. Seine Kraft ist bei einem Besuch der Staustufe Iffezheim jederzeit spür- und hörbar.

Stufe um Stufe geht es durch das Treppenhaus hinab. Umschlossen von dicken, grauen Betonwänden sind die Besucher des Rheinkraftwerks Iffezheim bei ihrem Gang in die Tiefe. Lauter und stickiger wird es, je weiter es nach unten geht. In der letzten Etage angekommen, wird die Enge des Treppenhauses durch einen gigantischen Raum abgelöst: Das Geräusch der Maschinen dröhnt in den Ohren, immerhin durchfließen alleine 400 Kubikmeter Wasser pro Sekunde diese eine der insgesamt fünf Turbinen. Das durchdringende und mächtige Rauschen des Rheins ist deutlich hör- und spürbar. Im Turbinenraum sind die Erklärungen von Andreas Stampfer, der die Gruppe durch das Bauwerk führt, kaum noch zu verstehen.

Wer die 150 Treppenstufen überwunden hat, kann das „Prunktstück“ des Kraftwerks, die Turbine Nummer fünf, in knapp 30 Metern Tiefe mit eigenen Augen begutachten. 6,8 Meter Durchmesser hat der rote Koloss und produziert gemeinsam mit den vier weiteren, etwas kleineren Turbinen etwa 860 Millionen Kilowattstunden Strom. „Das reicht für die jährliche Versorgung von einer halben Millionen Menschen“, verdeutlicht Stampfer. Stahl und Beton trennen die Besucher – etwa 5000 sind es jährlich – an dieser Stelle von den Wassermassen, die die Staustufe Iffezheim umspülen. Zur Staustufe gehören der Fischpass, das Wehr, die Schiffsschleuse und das Rheinkraftwerk. Es ist damit das größte Laufwasserkraftwerk in Deutschland und ging im Jahr 1978 in Betrieb.

Zurück am Tageslicht reichen die Blicke der Gäste wieder weit in die Tiefe hinab. In einem großen Becken wird das so genannte Geschwemmsel gesammelt. Ein großer Rechen nimmt alles Mögliche an Treibgut auf und lässt es in die Stahl-Grube fallen. „Die Mitarbeiter sorgen dann für eine korrekte Entsorgung“, erklärt Gästeführer Stampfer. Viel Holz und überraschend große Plastikteile sind im Geschwemmsel zu sehen, aber auch ein totes Wildschwein war bereits darunter. Dagegen plätschert das Wasser munter und sauber vor sich hin am Fischpass, den jährlich etwa 50.000 Fische durch- schwimmen. Und auch dabei wird Strom gewonnen, etwa acht Millionen Kilowattstunden.

Hinter einer Panoramascheibe können die Besucher die Tiere bei der anstrengenden Wanderung beobachten, ein extra eingerichteter Zählpunkt registriert jeden Fisch – meistens Brasse und Nasen aber auch Lachse – die den 300 Meter langen Weg durch die 48 Becken bewältigen. Und Stromabwärts? „Da schwimmen sie einfach durch die Turbinen hindurch“, informiert Stampfer. Erstaunte Gesichter sind bei dem Besuch in der Leitstelle zu sehen, denn diese ist in der Regel unbesetzt. „Zehn Mitarbeiter haben wir auf der Staustufe. In die Zentrale kommt allerdings nur jemand, wenn der Computer ein Signal sendet“, erklärt Stampfer. Dies sei meistens der Fall, wenn etwas im Rechen fest hängt oder auch mal bei einem Fehlalarm der Einbruchwarnanlage, der beispielsweise durch ein umher laufendes Tier ausgelöst wird.

In einem einführenden Vortrag hatte er die Ausmaße der Anlage verdeutlicht und den Betreiber vorgestellt. „In 110 Laufwasserkraftwerken erzeugt die EnBW 5,4 Milliarden Kilowattstunden Strom im Jahr. 65 Anlagen gehören der EnBW, am Rest hat sie Beteiligungen“, so Stampfer. Die Besonderheit der Kraftwerke am Rhein ist die Nähe zu Frankreich und die gemeinsame Historie. So ist beispielsweise der Betreiber in Iffezheim, die Rheinkraftwerk Iffezheim GmbH, die zur Hälfte der EnBW und zur anderen der Électricité de France gehört. Der Rhein wird in Iffezheim durch ein quer zum Fluss verlaufendes Staubauwerken etwa elf Meter aufgestaut. In diesem Bauwerk sind die Schleuse, das Wehr und das Kraftwerk integriert. Der Stand des Wassers und die damit verbundene Fallhöhe sind entscheidend für die Energiegewinnung: Das Wasser wird über den Rechen in das Kraftwerk auf die Turbinen geleitet, deren Laufräder die Generatoren antreiben. Von zehn Staustufen entlang des Rheins ab Basel ist Iffezheim die letzte und alle Werke sind miteinander verbunden. Den Höhenunterschied von den besagten elf Metern müssen auch die Schiffe bewältigen, die in die Schleuse einfahren. Zwei Kammern mit je 270 Metern Länge und 24 Metern Breite bilden das Herzstück der Schleuse, die zu den größten in Europa zählt.

Janina Beuscher

Zahlen, Daten, Fakten:
• Kraftwerk mit fünf Turbinen
• Größte Turbine mit einem Durchmesser von 6,8 Metern
• Elf Meter ist die Fallhöhe des Wassers
• 300 Meter lang ist der Fischpass mit 48 Becken
• Zehn Mitarbeiter sind in der Staustufe beschäftigt
• Schiffsschleuse gehört zu den größten in Europa


Geschichte der Staustufe:
Auf Grundlage eines Vertrags aus dem Jahr 1969 zwischen der französischen und der deutschen Regierung wurde 1973 die Rheinkraftwerk Iffezheim (RKI) GmbH gegründet. Die RKI GmbH, ein je 50-prozentiges Tochterunternehmen der EnBW Energie Baden- Württemberg AG und der französischen EDF, betreibt die auf deutscher Seite befindlichen Wasserkraftwerke Iffezheim und Kehl am Oberrhein.

1978 wurde das Kraftwerk Iffezheim in Betrieb genommen. Mit dem 1987 entwickelten Programm der „Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins“ wurde der Bau eines Fischpasses beschlossen. Der Iffezheimer Fischpass – einer der größten in Europa – ist seit Juni 2000 in Betrieb. 2008 wurde der Ausbau des Kraftwerks um eine fünfte Turbine beschlossen, die fünf Jahre später fertig war.

Info und Kontakt
Das Rheinkraftwerk Iffezheim kann unter vorheriger Anmeldung montags bis samstags besichtigt werden. Das Mindestalter beträgt zwölf Jahre, das Areal ist nicht barrierefrei. Die knapp dreistündige Führung ist kostenlos und es gibt sogar einen kleinen Snack. Da sich die Besucher in der Maschinenhalle nahe am Generator aufhalten, ist die Führung für Menschen mit aktiven Implantaten wie Herzschrittmacher oder Insulinpumpe untersagt.
Anmeldungen unter Telefon 0721 72586250, besichtigungen@enbw.com.