Das brennende Herz als zentrales Motiv

Historische Malereien im Ettlinger Asamsaal waren auch ein politisches Statement

Die frühere Kapelle des Ettlinger Schlosses, heute Asamsaal genannt, ist ein barockes Meisterwerk.

Lazarett, Schneiderei, Schule, Jugendherberge, Witwensitz – das Schloss in Ettlingen wurde im Laufe seiner Geschichte für fast jeden Zweck genutzt. Die wechselvolle Historie beginnt im Jahr 1192, in dem Ettlingen das Recht erhält, ein Wall- und Grabensystem zu errichten. Im Laufe der Zeit kommt es zum Schlossbau, zu Zerstörungen und dem Wiederaufbau, der von Markgräfin Sibylla Augusta (1675-1733) energisch vorangetrieben wird. Die verwitwete Markgräfin wollte im Ettlinger Schloss ihren Altersruhesitz einnehmen und leitete umfassende Baumaßnahmen ein. Der Höhepunkt sollte die Schlosskapelle mit dem heute noch bedeutenden Asamsaal werden. Ursprünglich war der Kapellenbau fast 17 Meter hoch, hatte als Grundrissform ein Rechteck von rund 13 mal 16 Metern und wurde von einer ovalen Kuppel überwölbt. In Nischen an den Wänden wurden der Haupt- und die beiden Seitenaltäre sowie die Orgel untergebracht, die heute nicht mehr im Schloss zu sehen sind.

„Die Schlosskapelle, heute der Asamsaal, entstand in den Jahren 1732/33. Die Bauherrin, Markgräfin Sibylla Augusta, hatte genaue Vorstellungen von der Gestaltung“, sagt die Museumsleiterin Daniela Maier. Dass die Markgräfin den Künstler Cosmas Damian Asam (1686-1739) für die Gestaltung der Kapelle gewinnen konnte, war – man würde heute sagen – ein echter Clou. Der Maler war bereits zu Lebzeiten eine gefragte Berühmtheit. „Trotz einer guten Auftragslage kam Asam unverzüglich nach Ettlingen, wo die Markgräfin ihm ein genau ausgearbeitetes Konzept vom Leben, Wirken und Sterben des Heiligen Nepomuks vorlegte“, weiß Daniela Maier. Denn der Märtyrer sollte eine wichtige Rolle in der Ausgestaltung der kleinen Kirche einnehmen.

Wie innig Sibylla Augusta und ihre Familie sich mit Nepomuk verbunden fühlten, wird unter anderem in der zentralen Darstellung deutlich: Der Heilige wird nach seinem Tod, geleitet durch eine Engelsschar, von Gott ins Himmelreich aufgenommen. Zu seinen Füßen ist die Markgrafen-Familie versammelt, die den Toten beweint. „Zu sehen sind auf einem goldenen Tablett brennende Herzen, die für die inbrünstige Liebe des Hauses Baden stehen“, sagt die Museumsleiterin. Außerdem entdeckt der Besucher weitere Märtyrer, Heilige und christliche Symbole in den opulenten Werken. „Die Malereien sind hierarchisch gestaffelt“, erklärt Daniela Maier das Kunstwerk. Wie alle Darstellungen im Asamsaal handelt es sich um Fresko-Malereien. Also um Malerei, bei der die Farben auf den frischen, noch nicht getrockneten, Kalkputz aufgetragen werden und damit haltbarer sind – eine gängige Methode im Barock. Die Regentin selbst ist mehrfach zu entdecken und gut an der schwarzen Witwen-Kleidung zu erkennen, die sie seit dem frühen Tod ihres Mannes, des „Türkenlouis“, stets trug.

Bereits bei der Anordnung lässt sich erkennen, wie wichtig dem Künstler der Zusammenklang von Licht und Farbe war. Und auch verinnerlicht hatte Asam, selbst ein Verehrer des Heiligen Nepomuks, die Vorstellungen der Markgräfin. So ist ein Eckenfresko von besonderem lokalgeschichtlichem Wert: Es zeigt die Martinskirche in Ettlingen, in deren halb zerstörtem Chorraum Nepomuk seine letzte Predigt hält. Auch das Selbstbildnis des Künstlers in der Szene, die der Verehrung des heiligen Nepomuk durch das Haus Baden gewidmet ist, über dem einstigen Hauptaltar, zeugt von der Bindung des Künstlers zu seinen Auftraggebern und seinem kreativen Schaffen. „Die Malereien im Asamsaal waren von der Markgräfin aber auch politisch motiviert“, sagt die Museumsleiterin. So wurden die dargestellten Geschichten bis ins kleinste Detail kalkuliert.

Eine Szene im Beichtstuhl steht für ein klares Bekenntnis zum katholischen Glauben und in einer anderen Darstellung ist eine Anspielung auf eine wahre Geschichte aus dem Leben der Markgräfin eingeflochten: Ihr Sohn begann erst relativ spät zu sprechen, ein „Zitat im Zitat“, wie die Museumsleiterin erläutert. Während der Abschlussarbeiten starb die Markgräfin im Juli 1733 und das Schloss wurde nur noch gelegentlich genutzt. Es traten bald die ersten Bauschäden auf, die meisten Kunstschätze und Möbel wurden entfernt und das Schloss selbst hauptsächlich als Lagerplatz und selten als Gästehaus benutzt. Bald wurde das Gebäude für militärische Zwecke nutzbar gemacht und um Platz zu schaffen, zog man Zwischendecken ein. So zierten die Asam-Fresken eine Zeitlang einen Abstellraum für alte Möbel, überstanden die Kriege aber auch weitgehend unbeschadet. Die Stadt Ettlingen kaufte das Schloss 1912 und Anfang der 50er Jahre fiel der Entschluss, die ehemalige Schlosskapelle, aufgrund der hohen Qualität des Raumes, in einen Konzert- und Festsaal umzuwandeln. Eine Empore wurde eingezogen und die aufwendigen Restaurierungsarbeiten begannen – nicht nur im Asamsaal, sondern auf dem gesamten Areal. Seit 1983 steht das Schloss in seiner heutigen Gestaltung in der Ettlinger Stadtmitte und dient als Kulisse bei den Festspielen, für Veranstaltungen, als Ausflugsziel, Treffpunkt für Einheimische und beherbergt das Städtische Museum.

Der heilige Nepomuk

Das imposante Deckenfresko des Asamsaals ist dem heiligen Nepomuk gewidmet.

Der Kirchenpatron für die Schlosskapelle ist der heilige Nepomuk. Diesen suchte die Markgräfin ganz bewusst aus, sein Leben ist in den Wand- und Deckenfresken im Asamsaal dargestellt. Johannes von Nepomuk war ein Landsmann der aus Böhmen stammenden Sibylla Augusta und wurde 1729 heilig gesprochen. Sowohl in Deutschland als auch in Böhmen entstand ein Verehrungs-Kult um den Märtyrer und auch heute noch sind Statuen des „Brückenheiligen“ in der Region zu finden, die auf Stiftungen der Markgräfin basieren. Um 1350 ist Johannes in dem Städtchen Nepomuk bei Pilsen als Sohn eines Richters geboren worden und wurde in einem Zisterzienserkloster erzogen. Zum Priester geweiht, kümmerte er sich aufopfernd um die Bedürftigen und wusste als Beichtvater über die intimsten Gedanken der Königin Bescheid.

Selbst unter Folter hielt er sein Beichtversprechen und wurde letztlich auf den Befehl des Königs Wenzel gefesselt von der Prager Moldaubrücke in den Fluss geworfen. Viele weitere Geschichten ranken sich um Nepomuk. So kam es unter anderem deshalb zur Heiligsprechung, weil bei der Graböffnung des Märtyrers, Jahrhunderte nach seinem Tod, angeblich eine unversehrte Zunge gefunden wurde.

Info und Kontakt
Das Museum Ettlingen im Schloss ist mittwochs bis sonntags von 11 Uhr bis 18 Uhr geöffnet, von Mai bis August von 13 Uhr bis 18 Uhr. Der Asamsaal ist nur mit einer Führung zu besichtigen. Regelmäßig finden diese samstags und sonntags um 16 Uhr statt (Ausnahmen bei Veranstaltungen möglich). Gruppenführungen durch Schloss und Altstadt können jederzeit nach Vereinbarung organisiert werden. Weitere Infos zu den Angeboten und Preisen gibt es im Internet unter www.museum-ettlingen.de, Email: museum@ettlingen.de, Telefon: 07243-101273.

Janina Beuscher