„Wir müssen uns noch stärker vernetzen“

Interview mit Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick, Bruchsal

Das Interview führte Ariane Lindemann

Sie sind die erste Oberbürgermeisterin in Bruchsal in der Nachfolge bedeutender Stadtoberhäupter wie Adolf Bieringer und Bernd Doll. Was hat Sie gereizt, die erste Frau an der Spitze der Stadt zu werden?
Cornelia Petzold-Schick: Es ging mir nicht primär darum, das erste weibliche Stadtoberhaupt zu werden, obwohl das natürlich einen gewissen Reiz hat. Mich interessierte vielmehr die Aufgabe an sich. Bruchsal ist eine Stadt mit großem Potenzial. Da hat man als Oberbürgermeisterin viele Gestaltungsmöglichkeiten. Eine spannende Herausforderung wie diese war genau das, wonach ich gesucht habe.

Worin unterscheidet sich Ihr Führungsstil von dem Ihrermännlichen Vorgänger?
Petzold-Schick: Ich kann da nur für mich sprechen. Mir ist es wichtig, eine nahbare Oberbürgermeisterin zu sein. Ich lege großen Wert auf Kommunikation und Transparenz und versuche, alle von einer Entscheidung betroffenen Menschen in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Dass die eine oder andere Frau bei einem weiblichen Stadtoberhaupt vielleicht weniger Berührungsängste hat, kommt mir zweifellos entgegen.

Sie pflegen enge Beziehungen zu Karlsruhe. In welchen Bereichen sehen Sie Möglichkeiten einer noch stärkeren Zusammenarbeit?
Petzold-Schick: Ich sehe hier ein großes Potenzial. Wir müssen uns noch stärker vernetzen, um im Wettbewerb der Regionen die Nase vorn zu behalten. Dafür gibt es vielversprechende Ansätze, zum Beispiel das Projekt efeuCampus, das erst kürzlich im Landeswettbewerb RegioWIN prämiert wurde. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Karlsruhe entsteht auf dem Bruchsaler Campus ein Kompetenz- und Innovationszentrum für nachhaltige urbane Logistik.

"Mein langfristiges Ziel ist es, Bruchsal als starkes, selbstbewusstes Mittelzentrum zu etablieren, das allen Bevölkerungsgruppen etwas zu bieten hat."

Welche kommunalpolitischen Aufgaben haben für Sie Priorität und welche längerfristigen Ziele verfolgen Sie?
Petzold-Schick: Mein langfristiges Ziel ist es, Bruchsal als starkes, selbstbewusstes Mittelzentrum zu etablieren, das allen Bevölkerungsgruppen etwas zu bieten hat. Dem dient eine ganze Reihe von Projekten. Stellvertretend möchte ich hier die Entwicklung der Bahnstadt nennen. Sie reift vor unseren Augen zu einem vielseitigen, modernen Stadtquartier heran, das im Kleinen dafür steht, was die Gesamtstadt Bruchsal im 21. Jahrhundert auszeichnen soll.

Welches sind die wirtschaftlichen Stärken Bruchsals und wo sehen Sie weiteres Wachstumspotenzial für Ihre Stadt?
Petzold-Schick: Wirtschaftlicher Motor ist das produzierende Gewerbe mit namhaften Großunternehmen wie SEW-EURODRIVE, John Deere, Blanco, Sulzer Pumpen. Diese weltweit agierenden Betriebe investieren massiv am Hauptsitz in Bruchsal und schaffen zukunftsfähige Arbeitsplätze. Desweiteren bietet Bruchsal Raum für innovative und wachstumsstarke mittelständische Firmen. Im TRIWO Technopark und im Technologiedorf Bruchsal sitzen Weltmarkt- und Technologieführer wie zum Beispiel VMT, Cynoraund GfK Geomarketing.

Welche Position nimmt Bruchsal innerhalb des Wirtschaftsstandortes TechnologieRegion Karlsruhe ein?
Petzold-Schick: Die Wirtschaftsregion Bruchsal mit der Stadt Bruchsal als Zentrum hat ein eigenständiges Standortprofil. Sie liegt genau in der Mitte mehrerer Metropolen. Im Umkreis von gerade einmal dreißig Minuten liegen Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen und Stuttgart. Die Unternehmen in Bruchsal und Umgebung profitieren von den dort ansässigen Forschungseinrichtungen sowie den weichen Standortfaktoren wie Kultur und Freizeit, die diese umgebenden Zentren bieten.

Wie beurteilen Sie die weitere Entwicklung der TechnologieRegion Karlsruhe (TRK)?
Petzold-Schick: Die TRK ist von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bereits eine der attraktivsten Regionen in Deutschland. Auch hinsichtlich der Optimierung der internen Strukturen sind wir auf einem guten Weg. Ich werde den Entwicklungsprozess im Vorstand der TRK aktiv unterstützen.

"Die TRK ist von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bereits eine der attraktivsten Regionen in Deutschland."

Auch der Geschäfts- und Freizeittourismus spielt in der TechnologieRegion Karlsruhe eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Rolle. Inwieweit profitiert Bruchsal davon?
Petzold-Schick: Im Jahr 2014 hat Bruchsal mit 123.000 Übernachtungen einen Spitzenwert erreicht. Rund 75 Prozent davon resultieren aus Geschäftsreisen, Tagungen und sonstigen Veranstaltungen. Nach wie vor ist das Barockschloss Bruchsal Magnet für den stetig steigenden Tagestourismus.

Wird sich Bruchsal im Rahmen der Kraichgau Tourismus Initiative noch stärker engagieren?
Petzold-Schick: Bruchsal ist Gründungsmitglied des Kraichgau Stromberg Tourismus und engagiert sich insbesondere im Werbeausschuss. Als Vorstandsmitglied bringe ich mich persönlich verstärkt in die aktuellen Planungen der Marketingoffensive ein.

Das Bruchsaler Schoss ist ein beliebtes Ausflugsziel und die Museen sind ein wertvolles Kulturgut für die Stadt. Welche Bedeutung haben für Sie die Bereiche der Kultur?
Petzold-Schick: Kulturelle Einrichtungen werden in wirtschaftlicher Perspektive ja gerne als „weiche Standortfaktoren“ verstanden. Wo viel Kultur ist, dort ist es für Arbeitskräfte und ihre Familien attraktiv zu leben. Das ist auch in Bruchsal so. Zugleich geht aber die Bedeutung der kulturellen Einrichtungen und Vereine für mich weit darüber hinaus: Sie gehören mit zum „Kitt“, der eine Bürgerschaft stärkt und zusammenhält.


www.bruchsal.de