"Green Viper" & Co.

Interview mit Karlsruher Bäderchef Oliver Sternagel | Marketing-Impulse für den Karlsruher Zoo

Das Interview führte Ariane Lindemann

Oliver Sternagel ist seit 2009 Chef der neun städtischen Hallen- und Freibäder in Karlsruhe. Dass er viel Erfahrung in der Vermarktung großer Freizeitanlagen hat, hat er bereits mehrfach bewiesen. Auch die Karlsruher Bäderlandschaft hat von seinem Know-how bisher enorm profitiert. Seit einiger Zeit hilft er auch dem Karlsruher Zoo in Sachen Marketing kräftig auf die Sprünge. Wir sprachen mit ihm über das Bäderkonzept, das Zoojubiläum und darüber, warum die beiden Freizeitbereiche so eng miteinander verknüpft sind.

Zahlreiche Städte müssen bei den Bädern kräftig den Rotstift ansetzen und wegen der schlechten Haushaltslage oft auch Einrichtungen schließen. Den Karlsruher Bädern geht es allerdings verhältnismäßig gut. Sie sind mit rund 1,45 Mio Besuchern (2014) gut ausgelastet. Sind die Karlsruher ein besonders badefreudiges Publikum?
Oliver Sternagel: Statistisch gesehen gehen die Karlsruher fünf Mal pro Jahr ins Schwimmbad. Der Bundesdurchschnitt liegt bei zwei Mal. Die Karlsruher sind nicht unbedingt badefreudiger als die Menschen anderswo. Aber die hohe Bäderdichte
und die Attraktivität unserer Bäderlandschaft tragen sicherlich zu diesem guten Wert bei. Auch werden unsere Bäder ständig modernisiert und von ihrem Freizeitwert her auf den neuesten Stand gebracht. Unsere Badegäste kommen jedoch nicht nur aus Karlsruhe, sondern aus der gesamten TechnologieRegion und auch aus der Pfalz und dem Elsass.

Das Bädergeschäft ist traditionell defizitär. Das anfängliche „Sorgenkind“ Europabad haben Sie 2009 mit einem Defizit von einer Million Euro übernommen. Mittlerweile gilt das Bad als „Leuchtturm“ in der Karlsruher Bäderlandschaft. Es boomt und brummt. Im vergangenen Jahr erzielte das Bad einen Überschuss von 111.000 Euro. Wie haben Sie das geschafft?
Sternagel: Wichtig war zu Beginn, ein klares Marketingkonzept zu erstellen, um das Europabad als eigene Marke zu definieren. Die Schwierigkeiten, mit denen das Bad am Anfang zu kämpfen hatte, waren teilweise nachvollziehbar. Dem mussten wir mit klaren Konzepten wirkungsvoll begegnen. Dazu gehörten Mitarbeiterschulungen, Personalaufstockung im Presse- und Marketingbereich, aber auch die Einrichtung eines neuen, wesentlich effektiveren Kassensystems mit Chip-Coins. Auch eine Harmonisierung der Tarifstruktur war dringend notwendig. Außerdem haben wir die Saunalandschaft erweitert und neue Ruhehäuser geschaffen. Sehr hoher Beliebtheit erfreuen sich bei den Gästen unsere neuen Sauna- Zeremonien. Unser 25-Meter-Becken haben wir durch ein „Aquacross“ aufgepeppt. Hier müssen sich die Gäste wie in einem Hochseilgarten über wackelige Balken und schwimmende Inseln über das Wasser hangeln. Ein echter Renner ist unser Maskottchen „Kai der Hai“. Der „Kai der Hai- Club“ für Kinder hat mittlerweile 2.000 Mitglieder und eine eigene Webseite mit vielen tollen Aktionen, wie zum Beispiel Parties, Schatzsuche und Gewinnspiele.

 Bäderchef Oliver Sternagel weiß, wie man große Freizeitanlagen erfolgreich vermarktet.

Welches sind die aktuellen Highlights und Neuheiten des Europabades?
Sternagel: Im Mai wurde die „Green Viper“ eröffnet, eine Erlebnisrutsche, auf die viele Badegäste schon sehnsüchtig gewartet haben. Die grüne Giftschlange mit dem so genannten „Europabad Jump“ konnte von einer Community im Internet mit konfiguriert werden. Über Features, Gestaltung und Effekte der Rutsche konnte im Internet abgestimmt werden. Das Ergebnis wurde dann auch so umgesetzt. Das war einmalig. Die Weltneuheit bei der Green Viper ist das Foto, das am Ende der Rutschpartie geschossen wird und dann gleich auf Facebook verbreitet werden kann. Neben dieser neuen Erlebnisrutsche genießen die Badegäste auch den Ruhebereich für die Sauna, den wir in einem Panoramagebäude mit einem  beheizten Schlafhaus mit elf Liegeplätzen und Wasserbetten erweitert haben. In einem weiteren Ruheraum schlummert man seit neuestem am Kamin. Doch die Optimierung geht weiter. Für 2017 planen wir mit der „Excalibur-Sauna“ etwas Außergewöhnliches.

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Als Bäderchef müssen Sie immer die kommunale Finanzlage im Auge behalten und auch eine bestmögliche Nutzung der Bäder als Sportstätten für Schulen und Vereine gewährleisten. Die Stadt hat für das Bäderkonzept ein Investitionsvolumen in Höhe von 50 Millionen Euro bis 2020 zur Verfügung gestellt. Was wurde damit bereits realisiert, was ist noch in Planung?
Sternagel: Im Rheinstrandbad wurde ein Multifunktionsspielfeld mit Fußballplatz und Beachvolleyballplatz eingerichtet, die Gastronomie wird bis Ende 2016 umgebaut sein. Im Turmbergbad haben wir eine neue Familienbreitrutsche installiert. Das Sonnenbad wurde mit neuen Duschen ausgerüstet und erhält noch in diesem Jahr einen neuen Kinderspielplatz. Das Dampfbad im Vierordtbad wurde optisch durch ein Relief aus der Majolika Manufaktur aufgewertet und auch hier wurden die Duschen erneuert. Im Weiherhofbad sorgen neue frequenzgesteuerte Motoren für eine häufigere Umwälzung des Wassers, eine sehr wichtige energetische Maßnahme. Am Fächerbad soll bis 2017 ein Kombibad angebaut werden.

Der Kostenrahmen für das Kombibad beträgt 20 Millionen Euro. Wie wird das neue Bad aussehen?
Sternagel: Das Bad wird zu einem so genannten „Cabriobad“ umgebaut. Ein aus Luftkissen bestehendes Dach kann im Sommer komplett geöffnet werden – aus dem Hallenbad wird ein Freibad. Es beinhaltet ein 25-Meter-Becken sowie ein Lehrbecken für den Vereinssport. Dies ist eine Aufwertung des Bades, die sicher auch weit in die Region hinausstrahlen wird.

Der Zoo ist neben den Bädern die größte Freizeitanlage in Karlsruhe.

Sie haben seit kurzem auch die Aufgabe übernommen, den Karlsruher Zoo für das 150-jährige Jubiläum, das im August gefeiert wird, in Sachen Marketing zu unterstützen. Die Frage ist sicher berechtigt: „Was macht der Karlsruher Bäderchef im Zoo?“
Sternagel: Der Zoo ist neben den Bädern die größte Freizeitanlage in Karlsruhe. In beiden Einrichtungen werden freizeitbegeisterte Menschen angesprochen. Beide Einrichtungen haben mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, wie etwa mit dem Wetter. Die Menschen erwarten hier wie dort von ihrem Besuch einen hohen Erlebniswert, eine attraktive Angebotspalette, einen guten Service und auch ein ansprechendes Gastronomieangebot. Mit der Marketingerfahrung aus den Bädern können wir hier sicherlich wichtigen Input beisteuern.

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Wie ist Ihre Marketingstrategie für den Zoo strukturiert?
Sternagel: Geplant ist ein neues Corporate Design des Zoos, das auch optisch eine Auffrischung bringt und ganz klar die Neuausrichtung des Zoos signalisiert. Die neuen Attraktionen, wie zum Beispiel das Exotenhaus, werden ihrerseits dazu beitragen. Außerdem wollen wir, ähnlich wie bei unseren Bädern, ein neues Kartensystem installieren. So soll es eine Karte geben, mit der man nicht nur den Eintritt, sondern auch andere Angebote, die man in Anspruch nimmt, bezahlen kann. Wir wollen vor allem mit dem neuen Kassensystem die langen Warteschlangen bei schönem Wetter unbedingt vermeiden. Dringend notwendig ist die Verbesserung der WC-Einrichtungen. Die Gästeführung und Beschilderung zu den Tierarten sollen optimiert werden, rund 30 schön gestaltete neue Picknicktische und Bänke wurden zum Teil bereits eingerichtet. Außerdem schauen wir, wo Synergien zwischen den Bädern und dem Zoo sinnvoll sind. Eventuell durch gemeinsame Messeauftritte oder andere Marketing-Aktivitäten oder auch eine Kombikarte, wovon beide Institutionen sicher profitieren würden. Auch das große Fest Wochenende im August ist eine wichtige Marketing-Maßnahme.

Welches sind die Highlights des Zoos im Jubiläumsjahr?
Sternagel: Publikumsmagnet dürfte zweifellos das Exotenhaus werden. Die Umnutzung des ehemaligen Tullabades in einen Lebensraum für Amphibien und Reptilien, die in einer wunderschön gestalteten Flussuferlandschaft leben, ist schon etwas ganz Besonderes. Außerdem wird der Zoo gastronomisch ganz neue Wege gehen. Direkt am Exotenhaus wird das „Exo“ seine Pforten öffnen. Ein schönes Restaurant mit wechselnder Tageskarte – mit Terrasse und Lounge-Bereich, das sowohl vom Zoo als auch von außerhalb zu besuchen ist. Es

Wenn Sie über das Jubiläum hinaus für den Zoo beratend tätig wären, wie würden marketingmäßig Ihre weiteren Schritte aussehen?
Sternagel: Zunächst sehe ich meine Hauptaufgabe natürlich ganz klar als Chef der Karlsruher Bäder. Als wichtiges Ziel würde ich es allerdings ansehen, das Management für Zoo und Stadtgarten in eine Hand zu geben und zeitnah auch die Budgets zu bündeln. Ich meine, es müsste eine klare Definition darüber geben, wie der Zoo im Jahr 2020 aussehen soll und was seine Alleinstellungsmerkmale sind.

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