Erst Achterbahn, dann in die Kirche

Die „Kirche im Europa-Park“ besteht seit 2005

Es ist nicht so, dass er sich aufdrängt, aber Scheu vor Menschen ist ihm nun mal fremd. „Darf ich fragen, wo Sie her sind? Gibt es etwas, das Ihnen besonders am Europa-Park gefällt?“ Wenn Martin Lampeitl im Europa-Park unterwegs ist, kommt es oft vor, dass er Besucher anspricht. Auch Andreas Wilhelm ist immer offen für Gespräche. „Das Phantastische am Europa-Park ist, dass man ganz individuell auf die Menschen eingehen kann“, stimmen sie überein. Seit 2005 arbeiten der evangelische Diakon Lampeitl und sein katholischer Kollege Wilhelm im Auftrag und bezahlt von ihren Kirchen als Seelsorger im Europa-Park.

Sie halten Gottesdienste, veranstalten Puppenspiele und Konzerte oder geben Mitarbeiterfortbildungen, beispielsweise zum Thema Islam. Und sie nehmen Taufen und Hochzeiten vor: Allein in diesem Jahr werden rund 50 Trauungen und 15 Taufen unter anderem in der Stabkirche des Parks zelebriert.
Achterbahn und Religion, passt das überhaupt zusammen? Das fragte anfangs nicht nur die Wochenzeitung „Die Zeit“. „Ja. Neben Attraktionen und Shows brauchen die Besucher Entschleunigung und Ruhe. Genau das können wir ihnen bieten“, erklärt Wilhelm. Und Lampeitl fügt hinzu: „Viele Menschen sind hier, um die Sorgen des Alltags abzuschütteln.

Oft wird ihnen dann aber auch bewusst, dass diese sich doch nicht so leicht verdrängen lassen.“ Die beiden sind ein bewährtes Team: Zuvor haben sie bereits im Herzzentrum Lahr als Seelsorger zusammen gearbeitet. Wer mit beiden das Gespräch sucht, kann mit ihnen im Grunde über alles reden – Beziehungsprobleme, Trauer oder Sorgen im Beruf.

Der Europa-Park öffnete sich als erster Freizeitpark in dieser Weise für die Kirchen. „Es ist meiner Familie ein Herzensanliegen und Ausdruck unseres eigenen christlichen Glaubens, auch im Park christliche Angebote zu machen“, betont Europa-Park-Chef Roland Mack. Ganz bewusst hat der Park daher neben der Stabkirche auch noch Andachtsorte wie die Böcklinskapelle und die St. Jakobuskapelle geschaffen.

Regelmäßig finden im Park christliche Veranstaltungen statt: Beispielsweise erhalten zur Preisverleihung des Wettbewerbs „Bibel heute“ rund 800 Kinder und Jugendliche freien Eintritt. Organisieren Lampeitl und Wilhelm größere Aktionen, können sie die Infrastruktur des Parks kostenlos nutzen. Die „Kirche im Europa-Park“ ist noch immer einmalig. Aus dem anfänglichen Pilotprojekt ist längst eine feste Institution geworden.

Christoph Ertz