Olympia Welcome Party

Interview mit den Olympiasiegerinnen Anna Schaffelhuber und Natalie Geisenberger

Ein kleines Mädchen freut sich ganz aufgeregt mit ihrem Papa: „Ich war ganz vorne.“ Ein kleiner Junge hat dagegen noch etwas vor: „Mama, den hab ich noch nicht, da müssen wir noch hin.“ Und immer wieder dringen ein „Dankeschön“ oder ein „Bitte“ aus dem Stimmengewirr – Grund der freudigen Aufregung war die „größte Autogrammmeile Deutschlands“, die sich im Europa-Park gebildet hatte. Die Aktion ist ein beinahe schon traditioneller Teil der „Olympia Welcome  Party“, zu der der „Deutsche Olympische Sportbund“ (DOSB) bereits zum achten Mal Olympioniken in den Europa-Park eingeladen hatte. 

Der Event ist eine kleine Belohnung nach einer anstrengenden Saison und dient sowohl dem Erholen als auch dem gegenseitigen Kennenlernen. Rund 50 Teilnehmer der Olympischen Spiele und der Paralympics von Sotschi waren diesmal mit von der Partie – darunter Anna Schaffelhuber und Natalie Geisenberger, zwei der erfolgreichsten deutschen Wintersportlerinnen der letzten Jahre. Im Interview im emotional pur blicken sie noch einmal auf ihre aufregende Zeit in Sotschi zurück und geben Einblicke in ihren Sport.

Waren Sie zuvor schon einmal im Europa-Park?

Anna Schaffelhuber: Ja, schon vor vier Jahren war ich bei der „Olympia Welcome Party“ dabei.

Natalie Geisenberger: Ich auch, und als Kind war ich schon mal hier. Es ist immer lustig. Besonders cool finde ich den Silver Star.


Welche Eindrücke haben Sie von den Spielen in Sotschi mitgenommen?

Schaffelhuber: Das war eine einzigartige Erfahrung, die man erst nach und nach verarbeiten kann. Jedes meiner Rennen hatte seine eigene Geschichte, aber zum Beispiel werde ich nie vergessen, bei der Siegerehrung zum ersten Mal ganz oben zu stehen und dann die Hymne zu hören. Das ist schon ein einzigartiges Gefühl, das man eigentlich gar nicht so richtig beschreiben kann.


Für Sie, Frau Geisenberger, bedeuteten die Spiele aber auch eine ganz besondere Drucksituation, oder?

Geisenberger: Ja natürlich, es ist ein besonderer Druck, der für uns Rodler dadurch entsteht, dass wir schon so viele Jahre dominant in der Weltspitze sind. Wenn bei Olympia drei andere oben gestanden hätten, wäre es schon etwas komisch gewesen. Aber ich habe mir für Sotschi auch selber gehörig Druck gemacht. Ich hatte davor zwei Jahre so viele Erfolge, dass es hieß, wenn ich nicht mit Gold heimkomme, bist Du der Looser, aber so einfach ist es natürlich nicht. Die Nacht zwischen den Wettkämpfen, die bei uns ja über zwei Tage gehen, hab ich zu denken angefangen und nicht viel geschlafen, obwohl ich schon einen guten Vorsprung hatte.Es gibt allerdings auch Stimmen, die Olympia einen zunehmenden Gigantismus vorwerfen, wie haben Sie das in Sotschie empfunden?

Geisenberger: Im Vorfeld hab ich bewusst viel ausgeblendet, schließlich trainiere ich vier Jahre auf dieses Ziel hin und will mich dann nicht ablenken lassen.


Bei uns im Rodeln geht es aber auch schon wieder etwas zurück. 2008 in Vancouver hatten wir eine extrem schnelle Bahn, das war etwas übertrieben. In Sotschi war die Bahn wirklich sicher und es gab keine gefährlichen Stürze, also von daher ist man zumindest beim Rodeln etwas von dem Motto „schneller, höher, weiter“ abgerückt.

Schaffelhuber: Klar ist es gigantisch, aber ich muss auch ehrlich sagen, mit dieser Debatte habe ich mich nicht wirklich auseinander gesetzt. Diese zwei Wochen sind für uns Sportler einfach etwas ganz Besonderes und wir genießen es dann auch.


Wie sieht so ein Genießen von Olympia aus?

Geisenberger: Rodeln ist ja immer am Anfang der Spiele, aber ich war die ganzen zwei Wochen in Sotschi und hab ganz bewusst neben der Eröffnungs- auch die Schlussfeier mitgemacht und mir viele Wettkämpfe in anderen Sportarten angeschaut. Während und nach den Spielen waren Sie sehr in der Öffentlichkeit präsent, irgendwann geht aber das Interesse an Ihren Sportarten wieder rapide zurück.

Wie gehen Sie damit um?

Schaffelhuber: Die Zeit nach den Paralympics war ich schon extrem viel unterwegs in den Medien und das macht auch total Spaß. Ich denk immer, das ist nicht nur für mich gut, sondern auch für den gesamten paralympischen Sport, denn wenn ich präsent bin, ist es auch unser Sport und das ist wichtig. Nach Großereignissen geht das Interesse schon runter, aber ich glaube nicht, dass es wieder so runter gehen wird, wie sonst immer. Wir müssen auch auf die Leute zugehen und versuchen den Schwung mitzunehmen, damit wir kontinuierlich für Interesse sorgen.

Geisenberger: Auch für mich war es ein Medienmarathon nach den Spielen. Ich wollte es aber auch unbedingt mitnehmen und mich beispielsweise in Talkshows mal ohne Helm präsentieren. Letztlich lebe ich ja von der öffentlichen Aufmerksamkeit.
Anna Schaffelhuber
war mit fünf mal Gold die Figur der letzten Paralympics. Die in Regensburg geborene 21-jährige Jurastudentin ist seit der Geburt gelähmt. Die Monoski-Fahrerin beschreibt sich selbst als offener Typ mit dem Ziel, alles einmal auszuprobieren: „Genau diese Dinge, über die man sagt, dass sie nicht oder nur begrenzt möglich sind, reizen mich besonders.“
www.annaschaffelhuber.de
Natalie Geisenberger
wurde 1988 in München geboren und begann im Alter von zehn Jahren mit dem Rennrodeln. Die Polizeiobermeisterin war unter anderem schon Weltmeisterin und Weltcup-Siegerin, ehe ihr bei den Olympischen Winterspielen 2014 der ganz große Wurf gelang: Doppel-Olympiasiegerin im Einzel und in der Teamstaffel.
www.geisenberger.de