Mit Menschen ins Gespräch kommen

Interview mit der Journalistin Dunja Hayali

Interview mit der Journalistin Dunja Hayali über Fremdenfeindlichkeit, Vorurteile, Haltungzeigen, Glauben, guten Journalismus und den Europa-Park / „Radio Regenbogen Award“ für „Medienfrau des Jahres“

Dunja Hayali zählt zu den profiliertesten Journalistinnen in Deutschland und ist Hauptmoderatorin des „ZDF-Morgenmagazins“. Sie ist bekannt geworden durch klare Äußerungen gegen Rechtsextremismus und gegen Rassismus. Die in Westfalen geborene Hayali ist Tochter irakischer Christen aus Mossul. Im Europa-Park wurde sie mit dem Radio Regenbogen Award als „Medienfrau des Jahres“ augezeichnet. In ihrer Laudatio nannte Schauspielein Iris Berben Dunja Hayali ein Vorbild für Toleranz, Respekt und „Haltung zeigen“. Die Katholikin Hayali reist für ihre vielbeachteten Reportagen in alle Welt und geht der Frage nach „Was glaubt Ihr denn?“. Auf dieser Reise durch die Religionen machte sie unter anderem Station in einem Bergdorf Georgiens, in Kathmandu, New York und Wien und begegnete dort orthodoxen Christen, Juden und Hindus. emotional pur traf Dunja Hayali zum Interview im Europa-Park.

 "Radio Regenbogen Award" für Dunja Hayali: "Medienfrau des Jahres"

Was macht eine gute Journalistin, einen guten Journalisten aus?
Dunja Hayali: Qualität ist für mich gute Recherche und sich dem Zeitdruck zugunsten von Inhalten zu entziehen. Journalismus ist zu allererst ein Handwerk – diesem haben wir uns verpflichtet, das haben wir gelernt. Und wo ein Handwerk, da auch eine implizierte Qualitätskontrolle. Die journalistischen Standards sind geblieben und werden immer modern und zeitgemäß bleiben. Sauberer, guter Journalismus bedeuteteben nicht: langweiliger Journalismus. Man kann ganz dicht dran sein und trotzdem Distanz und Schärfe wahren. Man darf Empathie ausdrücken, man darf aber nicht kitschig werden. Man darf als Journalist hinter der Geschichte erkennbar sein oder sogar als Mensch wahrgenommen werden, Sie müssen es allerdings kennzeichnen. Keiner von uns kann übrigens objektiv sein. Neutral – ja, unabhängig – ja, objektiv– nein. Wir alle sind geprägt, wir alle haben eine Sozialisation hinter uns, und auch wir leben in unseren kleinen Blasen. Unser Job ist es aber, sich das immer wieder vor Augen zuführen, sich seinen eigenen Vorurteilen zu stellen, sich selbst zu hinterfragen und den Perspektivwechsel zu wagen. Und wir müssen zu unseren Fehlern stehen.

Ihre klaren Worte gegen Fremdenfeindlichkeit haben Ihnen sehr viel Zustimmung gebracht. Hat Sie die öffentliche Reaktion überrascht?
Hayali: Ich war erst mal selbst von meiner Rede überrascht und dann auch über die große Zustimmung. Aber offenbar habe ich an dem Abend vielen Menschen aus dem Herzen gesprochen.

Was kann jeder Einzelne von uns gegen Fremdenfeindlichkeit tun?
Hayali: Mit Menschen ins Gespräch kommen. Hinhören. Versuchen zu verstehen, woher Vorurteile kommen. Übrigens: Jeder von uns hat welche, auch ich. Sich ihnen zu stellen, ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Das heißt nicht, dass wir hier nicht auch Probleme haben. Mit Ausländern, mit Asylsuchenden, mit Muslimen, aber doch auch mit Deutschen, mit Christen, mit Jungen, mit Alten oder mit wem auch immer. Was ich damit sagen will: Hautfarbe, Herkunft, Religion, Sexualität spielen für mich erstmal keine Rolle, sondern die Taten.

Schauspielerin Iris Berben (links) nannte in ihrer Laudatio Hayali ein Vorbild für Toleranz.

Sie gehen für den Verein „Gesicht zeigen!“ in Schulen und diskutieren mit jungen Menschen. Wie ist Ihr Eindruck: Wächst eine neue Generation heran, die überwiegend von Toleranz geprägt ist?
Hayali: Dadurch, dass wir uns immer mehr mischen, unsere Gesellschaft immer vielfältiger wird, hatte ich den Eindruck, dass Rassismus für die Jugendlichen kaum noch eine Rolle spielt. Durch die Flüchtlingssituation haben sich die Abgrenzungen wieder etwas verschärft, aber vor allen Dingen sind Ressentiments zum Vorschein gekommen, die hier lange unter dem Teppich verborgen lagen. Ich sehe in der Situation jetzt daher aber auch die Chance, diese Dinge nun endlich anzugehen.

Sie haben sich weltweit in einer Reportage-Serie mit verschiedenen Religionen beschäftigt. Sind Sie auf so etwas wie einen gemeinsamen Nenner gestossen? Welche Aspekte tauchen überall wieder auf?
Hayali: Gemeinschaft und Ausgrenzung.

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Im Europa-Park gibt es regelmäßig gemeinsam mit dem Europarat Jugendcamps für junge Israelis und Palästinenser, die dann einige Tage zusammenleben. Wie findenSie das?
Hayali: Es ist genau der richtige Ansatz. Man kann sich der Angst und Abneigung, die man dem anderen gegenüber möglicherweise empfindet, nur stellen, wenn man sich ihm gegenüberstellt. Den anderen kennenlernt. Am Ende stellt man fest: Wir ticken doch alle ziemlich ähnlich. Wir alle wollen einfach in Frieden leben.

Was gefällt Ihnen im Europa-Park?
Hayali: Dass ich meine Nichten mit etlichen Achterbahnfahrten habe glücklich machen können.

  Schenken Sie uns eine Lebensweisheit?
Hayali: Was du nicht willst, das man dir tut, das füg‘ auch keinem anderen zu.