„Eurosat“ wird zum „Eurosat – CanCan Coaster"

Fantastische Fahrt durch das nächtliche Paris

Frischzellenkur für ein Wahrzeichen: Die „Eurosat“ wird zum „Eurosat – CanCan Coaster“ und zur virtuellen „Eurosat Coastiality“ / Geniale Konstruktion / Erste Zusammenarbeit eines Freizeitparks mit dem weltberühmten Varieté „Moulin Rouge“ in Paris / Umfassende Neugestaltung des Französischen Themenbereichs /
Drei Generationen Mack unter einer Kuppel vereint / Hommage an Franz Mack und Frankreich


Franz Mack tüftelte die Eurosat- Dunkelachterbahn mit Hilfe von Modellen aus.

Ein Foto zeigt einen älteren Herrn mit einem Modell, an dem er arbeitet und das zwei Tische einnimmt. Der ältere Herr strahlt über beide Ohren. Das Bild ist Ende der 1980er Jahre entstanden. Darauf zu sehen ist Franz Mack (1921-2010), der mit seinem Sohn Roland den Europa-Park gegründet hat. Und das Foto zeigt die Dunkelachterbahn „Eurosat“. Es hält somit einen Meilenstein fest: Denn aus dem Modell ist ein 1989 im Französischen Themenbereich eröffnetes Europa-Park-Wahrzeichen geworden. „Eine so rasante Achterbahn fehlte uns damals noch“, erinnert sich Roland Mack.

Die Silberkugel, die sich wie ein gelandetes Raumschiff aus der oberrheinischen Tiefebene schält, fesselt die Blicke. Die 37 Meter hohe und 45 Meter breite Hülle besteht aus rund 1.500 dreieckigen Kunststoff- und Aluminiumplatten. Sie ist die größte geodätische, sprich aus Dreieckssegmenten aufgebaute, Kuppel Deutschlands. Der berühmte amerikanische Architekt und Visionär Richard Buckminster Fuller (1895-1983), einer der Vordenker der Nachhaltigkeit, hat die Bautechnik entwickelt. Die Würzburger Firma Mero setzte sie im Europa-Park um. Und die von Mack Rides gebaute Achterbahn im innern genießt Kultstatus. Mit ihrem durchaus ruppigen Ritt durch die Dunkelheit hat sie in 28 Jahren mehr als 80 Millionen Besuchern Adrenalinschübe beschert. Auch die Familie Mack gehört zu den Fans: „Hochgerechnet bin ich sicher 3.000 Mal Eurosat gefahren“, sagt Roland Mack. „Jeden wichtigen Besucher habe ich mitgenommen. Und mein Sohn Thomas ist sie als Kind mal so oft hintereinander gefahren, bis er Nasenbluten bekam.“

Doch auch Wahrzeichen brauchen irgendwann eine Erneuerung. im November 2017 drehte die alte Eurosat ihre letzte Runde. Noch bis in den Sommer werden nun Züge, Schienen, Technik, Layout und Thematisierung einer äußerst aufwendigen Frischzellenkur unterzogen – damit die Bahn als „Eurosat – CanCan Coaster“ dann wieder durch die markante Silberkugel jagen kann. Dabei bleibt der Respekt vor der geradezu genialen Konstruktion erhalten – und damit vor dem Erfinder Franz Mack. Vor 30 Jahren verband er zwei Dinge, die sich eigentlich diametral entgegenstehen: Achterbahn und Kugel. „Wir waren schon lange von der Kugel als Gebäudeform begeistert, weil sie eine besondere Strahlkraft hat“, erklärt Roland Mack. „Aber in einer Kugel sind die Geschwindigkeiten einer Bahn am höchsten, wo es den wenigsten Platz gibt: unten. Und dort müssen dann Anstell-, Entlade- und Bremsbereiche rein. Das alles zu vereinen, hat meinem Vater große Anerkennung eingebracht.“

 Einmalig: Zum „Eurosat – CanCan Coaster“ gesellt sich
eine VR-Bahn. Die ursprüngliche Schienenführung Franz Macks bleibt dennoch nahezu erhalten.

Die Leistung ist umso höher zu bewerten, wenn man sich die damaligen Mittel vor Augen führt. Heute lassen sich Schienenläufe am Computer in 3D so simulieren, dass sie in der Realität nahezu haargenau zusammenpassen. „Raumkurven und Kreuzungspunkte lassen sich exakt ausführen“, beschreibt Roland Mack. Doch diese Technik gab es für seinen Vater noch nicht. Franz Mack erschuf erst ein Modell und übertrug es dann in die Wirklichkeit. „Über Monate war er oft bis in die Nacht am Kleben, Leimen, Sägen und Tun“, blickt sein Sohn zurück. „Wer bekäme so heute noch Schienen mit einer Gesamtlänge von 900 Metern und einer Höhe bis zu 25 Metern in eine Kugel? Die Techniker mussten in der Endausführung kaum etwas verbessern, tatsächlich hat uns die Bahn nie Kopfschmerzen bereitet.“ Franz Mack war erfolgreicher Unternehmer – und begnadeter Konstrukteur. Legendäre Fahrbetriebe wie „Musikexpress“ oder „Wilde Maus“ waren ebenfalls sein Werk. Er besaß ein untrügliches Gefühl fürs Machbare: „In Sekundenschnelle konnte er sagen, das wird ein Erfolg oder Finger weg davon“, sagt Roland Mack.

„Das hat noch niemand versucht“

Für das technisch Machbare im heutigen Europa-Park ist unter anderem Patrick Marx zuständig. An einem Wintertag beobachtet der Projektleiter gespannt, wie ein Kran erstmals eine Achterbahnschiene über die Eurosat hieft. Die Schiene wiegt 950 Kilo, der Kran bugsiert sie durch ein Loch am oberen Ende der Kugel. Bei der Verwandlung der Eurosat kommen mehrere spektakuläre Aspekte zum Tragen: die Öffnung der Kugel durch Industriekletterer (siehe Artikel im Anschluss), ein ständiges Achtgeben auf die Statik, die erstmalige Zusammenarbeit eines berühmten Varietétheaters mit einem Freizeitpark und das Einfügen neuer Achterbahnschienen in eine größtenteils fortbestehende Anordnung. „Einen solchen Austausch hat noch niemand versucht“, sagt Marx. „Normalerweise erfolgt ein kompletter Abriss und Neubau.“ Industriekletterer haben circa 250 Platten der Außenhülle entfernt. Mit der Öffnung ist die freitragende Konstruktion allerdings instabil geworden. Aus Alt mach Neu geht bei der Eurosat deshalb so: Nach und nach fertigt der Produktionsbetrieb Mack Rides rund 120 neue Schienen. Stück für Stück werden die ursprünglichen Teile rausgeschnitten und die neuen eingesetzt. „Wir haben alles abgestützt, verspannt und gesichert, aber um die Statik nicht noch weiter zu belasten, gehen wir so vor“, erklärt Europa-Park-Geschäftsführer Michael Mack. Der Streckenverlauf bleibt zu etwa 95 Prozent wie beim Original. Viele der Arbeiten lassen sich über Gerüste erledigen, an manchen Stellen aber müssen Spezialisten der Hamburger Firma RCS, Weltmarktführer im Aufbau von Achterbahnen, wie Bergsteiger an Seilen gesichert in luftigen Höhen hantieren.

„Wir sind der weltweit
erste Freizeitpark, der
eine Partnerschaft mit
dem Moulin Rouge hat“

(Michael Mack)

„Eurosat 2.0“

Die „Eurosat 2.0“ erhält auch neugestaltete bequemere Züge, ein hochmodernes Induktionsbremssystem sowie eine neue elektronische Sicherheitssteuerung. Insgesamt wird der von Mack Rides hergestellte „Eurosat – CanCan Coaster“ aufgrund der modernen Fertigung deutlich komfortabler. „Christian von Elverfeldt als Geschäftsführer und Günter Burger als technischer Direktor von Mack Rides haben die Herausforderung einer neuen Hightech-Bahn angenommen. Es wird mehr ein Fliegen“, freut sich Roland Mack. Nach Angaben seines Sohnes Michael Mack mischen ein paar „Extras“ das originalgetreue Gleislayout auf: „Wo früher zum Beispiel eine Kurve war, geht es nun acht Meter in die Tiefe, so dass man aus dem Sitz gehoben wird.“ Allerdings ist den Machern bewusst: Bei der Fangemeinde hatte die Eurosat gerade wegen ihrer härteren Gangart ein Stein im Brett. „Die Fans liebten den ruckeligen Fahrstil“, weiß Kreativdirektor Chris Lange. Deshalb wird die neue Bahn auf besondere Weise in Szene gesetzt. Im Innern findet die Fahrt nicht mehr in vollkommener Dunkelheit statt – sondern als wilder Trip durch das nächtliche Paris der Belle Epoque. Immer wieder schimmern mit Schwarzlicht, Projektionen und Malerei erschaffene typische Szenen in 3D auf: Die Reisenden rauschen durch den Arc de Triomphe, unter der Pont Neuf entlang und den Eiffelturm hinauf. „Dazu wird es außen sexy“, heizt Lange die Spannung an. Eine neue Gebäudeformation im Stil des Montmartre-Viertels unter anderem für Warte- und Gastronomiebereiche umhüllt die erneuerte Attraktion. Außerdem gesellt sich zur futuristischen Silberkugel eine weltberühmte Mühle – das Varieté Moulin Rouge im 15 Meter hohen Nachbau. Anfang des Jahres unterschrieben Jean-Jacques Clerico (Président du directoire du Moulin Rouge) und Michael Mack den Vertrag zur Zusammenarbeit. Über mehrere Tage war Michael Mack in Paris, um die Details abzuklären. „Wir sind der erste Freizeitpark, der eine Partnerschaft mit dem Moulin Rouge hat“, betont er. Die Entscheidung für diese Thematisierung war zuvor über den Wolken gefallen. Chris Lange hatte zwei Konzepte vorgeplant – ein Jules-Vernes-Thema als „sichere Nummer“ und das Moulin Rouge „als Experiment“. Während eines Flugs präsentierte er Roland Mack die Entwürfe. „Lassen Sie uns das machen“, entschied der Park-Inhaber kurzerhand für die Varieté-Variante. In der roten Mühle des Europa-Park gelangen die Besucher durch ein Atelier, in dem ein Künstler Tänzerinnen in ihren prachtvollen Kostümen zeichnet. Wie der Europa-Park ist das Moulin Rouge ein Familienunternehmen: 1889 gegründet, wird das Varieté heute in der dritten Generation von der Familie Clerico geführt. Berühmt wurde das Moulin Rouge auch durch den Maler Henri Toulouse-Lautrec, der Tänzerinnen malte, und mehrere Filme, darunter „Moulin Rouge“ mit Nicole Kidman. Die deutsche Tanzlehrerin Dorothea Haug gründete 1961 die Cancan-Tanzgruppe, die bis heute zum Weltruhm des Hauses beiträgt.

 MackMedia kreiert eine weitere Virtual-Reality-Erfahrung: das „Eurosat Coastiality“-Erlebnis.

Neben dem Coaster-Eingang – dort, wo das Flüsschen Elz einen malerischen Bogen macht und Bäume besonders romantisch das Gewässer begleiten – gelangen die Besucher noch zu „Madame Freudenreich Curiosités“, deren Souvenir- und Kuriositätenladen die bisherige Attraktion „Universum der Energie“ ersetzt. „Das ist eine Lieblingsstelle vieler Besucher und auch von Michael Mack“, weiß Kreativdirektor Lange. Die Fassade ist Fachwerkperlen wie in Colmar nachempfunden – dem Klein-Venedig des Elsass. Auch im Laden der Madame stehen elsässische Souvenirs und Spezialitäten im Fokus. Auf diese Weise wird die Nachbarregion eingebunden,was dem Europa-Park schon aufgrund seiner vielen Mitarbeiter von dort eine Herzensangelegenheit ist – der Park gehört sogar zu den 20 größten Arbeitgebern für das Elsass. Hinter der traditionellen Fachwerk-Fassade verbirgt sich aber noch mehr. Die bereits seit 1994 existierende Kinder-Attraktion „Welt der Dinosaurier“ zieht nämlich bei Madame Freudenreich ein – samt Dinosaurier-Zucht inmitten eines üppigen Gartens, wo die Dinos mit leckerem Gugelhupf gefüttert werden. „Madame Freudenreich Curiosités“ und ihre Dinos zählen zudem bald zu den typischen Europa-Park-Charakteren: „Dazu wird es unter anderem Bücher und eine Miniserie auf YouTube geben“, kündigt Lange an.

Futuristische Silberkugel – begleitet von Pariser Kulissen: Das kann es nur im Europa-Park geben.

Weitere Infos: eurosatcancan-coaster.de