Freiburger Herzzentrum

Gespräch mit Professor Friedhelm Beyersdorf

Herzzentrum strahlt auf die gesamte Region aus - Gespräch mit dem Freiburger Herzchirurgen Professor Friedhelm Beyersdorf zur Bedeutung des Herzzentrums, Operationen von herzkranken Kindern aus aller Welt und den Ausbau der Kooperation mit dem Europa-Park

Welche Bedeutung hat das Universitäts-Herzzentrum Freiburg/Bad Krozingen für die Region, aber auch national und international?
Professor Friedhelm Beyersdorf: Durch die Zusammenlegung der beiden Herzzentren in Freiburg und Bad Krozingen ist nun das in allen Belangen erstklassige Universitäts-Herzzentrum entstanden. In der Medizin wird alles spezialisierter, komplizierter und auch konzentrierter. Die Ausrüstung wird aufwendiger, beispielsweise in den Operationssälen. Heute können Herzklappen schon über einen Katheter eingesetzt werden. Das bedarf beispielsweise höchst leistungsfähiger Röntgenanlagen. Der positive Aspekt dabei: Für den Patienten wird es immer schonender, die Ergebnisse sind unglaublich gut. Ich hatte heute einen deutlich über 80-jährigen Patienten mit sehr schlechter Herzfunktion nach einem akuten Herzinfarkt operiert. Dem Mann geht es jetzt wieder gut. Das wäre vor Jahren so noch unmöglich gewesen.

Wo steht das neue Herzzentrum im internationalen Vergleich?
Beyersdorf: Das ist immer schwer zu sagen, aber klar ist, wir sind das Herzzentrum, das die meisten Herzinfarkte in ganz Deutschland behandelt. Wir haben deutschlandweit mit die meisten Kinderherz-Transplantationen. Unter den Kliniken, die das gesamte Spektrum abbilden – vom Säugling bis zum 100-Jährigen, von Herzklappen und Transplantationen bis zu Kunstherzen – gibt es national nur noch drei weitere Zentren, die das abdecken. Wir sind die einzige Klinik in Baden-Württemberg, die Herz-Lungen-Transplantationen umsetzt. Wir haben sehr viele Alleinstellungsmerkmale.

Freundlichkeit geht
nicht mit Gewalt, 
sondern, das muss von
innen heraus kommen

Professor Friedhelm Beyersdorf (Jahrgang 1954) ist Herzchirurg, Wissenschaftler und Hochschullehrer. Er leitet heute die Herz- und Gefäßchirurgie des Universitäts-Herzzentrums Freiburg/Bad Krozingen. Friedhelm Beyersdorf wurde 1994 als Universitätsprofessor für Herz- und Gefäßchirurgie Ordinarius am Klinikum der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 1997 bis 2001 war er geschäftsführender Direktor der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Freiburg.

Und im internationalen Vergleich?
Beyersdorf: Europaweit sind wir bei den ganz großen Herzzentren dabei und auch aus den USA und aus der ganzen Welt haben wir immer wieder Anfragen von Ärzten, die unsere Methoden sehen wollen, bevor sie in ihren Krankenhäusern anfangen. Das Konzept dieses Herzzentrums hat sich absolut bestätigt. Auch unsere Mitarbeiter kommen gerne, weil sie hier sehr viel lernen können.

Wie wirkt sich solch ein Herzzentrum auf das Renommee einer Region aus?
Beyersdorf: Das strahlt eindeutig auch auf die gesamte Region aus. Vom Herzzentrum profitieren alle. Übrigens auch die Beziehung zum Europa-Park ist wichtig. Was haben wir in der Region? Hohe Lebensqualität, eine phantastische Medizin, die verstärkt ausländische Patienten anzieht. Aber wir sind durch den Europa-Park auch touristisch ganz weit vorne. Das sollten wir noch stärker zusammenbringen. Die Patienten werden behandelt, danach sollen sie sich entspannen und die Schönheiten der Region genießen. Eine erstklassige Medizin – natürlich nicht nur Herz, sondern auch in den anderen Fachbereichen – trägt zum Renommee eines Standortes erheblich bei und ist letztlich auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Uniklinik Freiburg ist ja der größte Arbeitgeber in diesem Raum. Wir haben mehr als 12.000 Mitarbeiter, auch das bedeutet eine hohe Wertschöpfung. In der Forschung sind wir ganz weit vorne.

Was bedeutet das konkret?
Beyersdorf: Gerade wurde bei uns ein neues Forschungszentrum für den Herzbereich eröffnet mit Professor Kohl aus Oxford als Direktor. Im Europa-Park kann man lernen: Es entsteht eine Attraktion nach der anderen und dadurch wird das Ganze größer und attraktiver. So ist es auch hier bei uns im Herzzentrum. Je besser wir sind, desto mehr zieht es die Patienten, aber auch die guten Wissenschaftler, an. Die wiederum bringen immer mehr Startup-Unternehmen hervor. Damit wird die Forschung auch direkt wirtschaftlich umgesetzt. Da kommt eines zum anderen hier in unserer Region. Es zeigt sich: Alle müssen an einem Strang ziehen. So passen auch Universitätsklinik und der Europa-Park gut zusammen. Wir haben übrigens auch immer wieder wissenschaftliche Meetings im Europa-Park. Das kommt bei den Medizinern auch sehr gut an – nicht wegen der Achterbahnen, da bleibt meist keine Zeit, sondern wegen der hochprofessionellen Konferenzeinrichtungen und der erstklassigen Hotels.

Wie kam es dann zur Aktion „Kinderherzen retten“?
Beyersdorf: Im Jahr 2002 habe ich gesagt, wir sind so gut bei den Operationen von Kinderherzen, aber in vielen Ländern sterben die Kinder, weil sie keine Chance auf solch eine Operation haben. Wir haben den Verein „Kinderherzen retten“ gegründet. Da gab es auch manchen Widerstand, manche hielten es für nicht umsetzbar. Wir haben uns nicht beirren lassen und haben ganz klein angefangen und uns Jahr für Jahr entwickelt. Ein wichtiger Meilenstein war, als Europa-Park Chef Roland Mack Schirmherr des Vereins wurde. Seither kommen viele Kinder nach ihrer Operation einige Zeit in den Europa-Park. Die Kinder erholen sich dort besonders schnell. Solch ein Eingriff am Herzen ist ja schon eine große Operation. Aber nach einigen Tagen geht das und Kinder aus der ganzen Welt sind immer total begeistert vom Europa-Park. Da reden viele bis heute davon.

Wie sehen Sie die Zukunft einer solchen Kooperation?
Beyersdorf: Ich sehe da eine Reihe von Möglichkeiten, das auszubauen. Wir haben eine Globalisierung ohne Gleichen und sollten alle Verantwortung übernehmen, um auch anderen Menschen zu helfen. Der Europa-Park praktiziert das ja seit vielen Jahren vorbildlich im sozialen Bereich. Wir sind in Deutschland 80 Millionen Menschen und wenn nur jeder ein bisschen etwas für Benachteiligte in ärmeren Ländern beiträgt, kommt da sehr viel zusammen. Das ist übrigens auch eine wunderbare Werbung für Deutschland, wenn Kinder hier eine lebensrettende Operation erhalten. Wenn es uns gut geht, müssen wir anderen helfen, da gibt es gar keine Wahl.

Sie haben ja täglich mit Menschen zu tun, die am Herzen erkrankt sind. Welchen Tipp geben Sie unseren Lesern, wie sie ihr Herz gesund erhalten können?
Beyersdorf: Es lässt sich nicht alles verhindern, aber jeder kann etwas tun. Im Herzbereich gibt es die vier großen Risikofaktoren: Rauchen ist schrecklich, da gibt es kein Wenn und Aber, zweitens Bluthochdruck, das ist eine Zivilisationskrankheit, wer das hat, muss Tabletten nehmen. Drittens hohe Blutfette, da muss man die Ernährung ändern und der Blutzucker darf nicht zu hoch sein. Außerdem muss der Blutzucker kontrolliert und – wenn nötig – behandelt werden. Wenn diese vier Punkte geregelt sind, ist schon viel erreicht. Wer jetzt noch etwas Gutes tun will, der sollte sich in der Woche dreimal mindestens eine halbe Stunde bewegen. Egal, was es ist, Hauptsache es macht Spaß. Das kann Laufen, Schwimmen, Fahrradfahren oder Squash-Spielen sein. Auch das ist wichtig. Heute haben wir eine Situation, dass man irgendwann für nichts mehr Zeit hat. Die Zeit für Bewegung ist in jedem Falle gut angelegt.

Und wie halten Sie sich fit?
Beyersdorf: Ich habe vor allem früher sehr viel Sport gemacht, heute ist es auch weniger geworden. Ich schwimme sehr gerne, mache Judo, gehe Klettern und Bergsteigen, ich war zweimal im Himalaya. Das war ein einmaliges Erlebnis.

Was gefällt Ihnen am Europa-Park besonders gut?
Beyersdorf: Am Europa-Park gefällt mir sehr vieles extrem gut. Ich bin von der Perfektion begeistert. Das ist übrigens in der Herzchirurgie genau so. Das muss perfekt sein. Eine Herz-Operation besteht vielleicht aus 100 Schritten, Sie können 99 einwandfrei machen, wenn Sie nur einen einzigen Punkt nicht optimal umsetzen, dann ist alles hin. Ein kleiner Fehler kann schlimme Folgen haben. Bei uns im Team muss immer der eine den anderen kontrollieren. Das gilt auch für mich als Chef. Im Operationssaal sind wir ein Team wie eine Flugzeugbesatzung. Der Copilot schaut auf den Piloten und umgekehrt. Jeder ist aufgefordert, immer zu sagen, was in dieser Sekunde nicht in Ordnung ist. So ist das in der Herzchirurgie. Und genauso empfinde ich es im Europa-Park. Das ist ein Universum für sich. Da ist nahezu alles perfekt und wenn etwas nicht in Ordnung war, dann wird das auf der Stelle behoben und geändert. Das finde ich toll. Man sieht, dass da eine Familie dahinter steht, die täglich präsent ist. Da ist kein Schmutz auf dem Boden, alles funktioniert. Und das alles mit unglaublich vielen freundlichen Menschen. Freundlichkeit geht nicht mit Gewalt, sondern, das muss von innen heraus kommen. Freundlichkeit per Befehl geht nirgends. Übrigens: Im Europa-Park, bei den schnellen Achterbahnen, geht es ja auch um Sicherheitsaspekte. Da ist höchste Präzision gefragt im Blick auf die vielen Menschen, die täglich befördert werden. Die meisten Besucher können gar nicht ermessen, was da alles hinter den Kulissen passiert. Genau so ist es bei einer Herzoperation. Und noch mal zum Europa-Park: Mir imponiert auch die Vielfalt von Technik, Show, Gastronomie, Hotels. Nur wenn alle zusammenspielen, ist das Ergebnis klasse. Am Ende sieht das aus, als sei alles kinderleicht.

Prof. Dr. Friedhelm Beyersdorf, Irvin, Prof. Dr. Brigitte Stiller, ärztliche Direktorin Kinderkardiologie, Fritz Keller, Präsident des SC Freiburg, Prof. Dr. Johannes Kroll, Oberarzt, Gammaliel und Roland Mack, Europa-Park Inhaber und Schirmherr von „Kinderherzen retten“.

von Horst Koppelstätter