Wirtschaft 4.0

Gespräch mit Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landes Baden-Württemberg

Sie sind selbst Unternehmerin und stammen aus einem erfolgreichen Familienunternehmen. Was können Familienunternehmen besser als Konzerne?
Nicole Hoffmeister-Kraut: Familiengeführte Unternehmen sind oft sehr eng verwurzelt mit der Region und engagieren sich vor Ort nicht nur wirtschaftlich, sondern häufig auch gesellschaftlich.

Haben Sie sich in Ihrer Zeit im Unternehmen nicht auch manchmal über die ausufernde Bürokratie geärgert? Was können Sie als Ministerin jetzt daran ändern?
Hoffmeister-Kraut: Bürokratie zu reduzieren und damit verbundene Kosten zu vermeiden, ist mir absolut wichtig. Mit dem baden württembergischen Normenkontrollrat schaffen wir Transparenz und vermeiden unnötige Belastungen. Das wird sich auszahlen – der Nationale Normenkontrollrat hat zu etwa zwölf Milliarden Euro Entlastungen geführt.

Wo sind die Vor- und wo die Nachteile, wenn man als Unternehmer quasi als Quereinsteiger in eine Regierung eintritt?
Hoffmeister-Kraut: Ich weiß, wie Unternehmen funktionieren und wie die Wirtschaft tickt. Gleichzeitig habe ich gelernt, in der politischen Arbeit konsensfähige Lösungen zu finden und Kompromisse zu schließen. Meine beruflichen Erfahrungen bereichern meine politische Arbeit sehr.

Sie waren beim High-Tech-Summit des Landes mit mehr als 1.000 Teilnehmern im Europa-Park. Wo steht das Land bei der Digitalisierung im bundesweiten Vergleich?
Hoffmeister-Kraut: Digitale Technologien entwickeln sich zum zentralen Innovationstreiber der Wirtschaft. Unsere starke IKT-Branche in Verbindung mit unserem hochinnovativen Mittelstand bilden eine hervorragende Basis, um von der Digitalisierung zu profitieren. Baden-Württemberg ist – wie vielleicht keine andere Region in Europa – dazu prädestiniert, Vorreiter und Motor des digitalen Wandels zu werden.

Wo sind die Chancen für den Südwesten?
Hoffmeister-Kraut: Mit der Digitalisierung eröffnen sich große Chancen. Das gilt für Produktivitätsfortschritte und neue Geschäftsmodelle genauso wie für eine optimierte, flexibilisierte und individualisierte Produktion. Mit der Initiative Wirtschaft 4.0 wollen wir erreichen, dass Baden-Württemberg national und international ein branchenübergreifender Premium-Standort der digitalen Wirtschaft bleibt.

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Wie können Sie gerade kleinere Unternehmen auf dem Weg zur Wirtschaft 4.0 unterstützen?
Hoffmeister-Kraut: Mit unseren Digitallotsen unterstützen wir gerade die „digitalen Neulinge“ unter den kleineren Unternehmen. Unsere Digitalisierungsprämie wurde bei der modellhaften Erprobung stark nachgefragt. Zurzeit bereiten wir die Digitalisierungsprämie als reguläres Förderprogramm vor. Und mit unseren Digital Hubs bieten wir Experimentierräume, in denen Unternehmen mit Start-ups und der Wissenschaft gemeinsam Ideen für neue Geschäftsmodelle entwickeln können.

Warum gibt es immer noch viel zu wenig Frauen in der Digitalbranche?
Hoffmeister-Kraut: Wir müssen das geschlechtsspezifische Berufswahlverhalten aufbrechen, dabei sind Vorbilder das A und O. In Baden-Württemberg ist die Zahl der erwerbstätigen Frauen und der Studienanfängerinnen in der Informatik in den letzten Jahren deutlich gestiegen, das sind tolle Fortschritte. Ich möchte diese positiven Entwicklungen unter anderem durch „Girl´s Digital Camps“ weiter stärken. Denn der digitale Wandel schafft veränderte Berufsbilder, neue Karriereprofile und moderne Arbeitsstrukturen, die auch für Frauen große Chancen eröffnen.

Was schätzen Sie am Europa-Park?
Hoffmeister-Kraut: Der Europa-Park steht für vieles, was Familienunternehmen auszeichnet, aber auch für vieles, was unsere Unternehmen in Baden-Württemberg ausmacht: Verantwortung für Arbeitsplätze und Ausbildung, Ausbildung gekoppelt mit Innovationen und der Suche nach Ideen für morgen, die das Unternehmen weiter stärken. Der Europa-Park ist einer unserer gar nicht so versteckten „Hidden Champions“ in der Fläche des Landes!