Immer höher - immer deutlicher

Die Wasserwelt "Rulantica" wächst und wächst

Kolossale Kräne im Einsatz / Aussergewöhnliche Dachkonstruktion für die Gigantische Wasserwelt

Sie sind Giganten und sie sind auf Baustellen in Deutschland nicht allzu häufig anzutreffen: Unter anderem zwei Kräne mit einer maximalen Traglast von 450 Tonnen helfen gerade dabei mit, die neue Wasserwelt „Rulantica“ des Europa-Park aus der südbadischen Tiefebene zu heben. „Es gibt in Deutschland nur noch einen größeren Kran mit 700 Tonnen“, erklärt Thomas Renner-Boh, Direktor Baumanagement beim Europa-Park. Die beiden Kräne sind insbesondere nach Rust gebracht worden, um die außergewöhnliche Deckenkonstruktion von „Rulantica“ zu bauen. „Wir wollen annähernd ohne Stützen auskommen“, erläutert Renner-Boh. Deshalb wird die gesamte Decke aus so genannten Leimbindern zusammengesetzt. Leimbinder sind industriell gefertigte Holzbalken aus verleimten Brettschichten. Sie kommen häufig bei Konstruktionen zum Einsatz, bei denen eine hohe statische Belastbarkeit gefordert ist – so wie beim Dach der gigantischen Wasserwelt. Mit jeweiligen Maßen von knapp vier Metern Höhe und einer Breite von rund 3,5 Metern werden sie am Boden zusammengebaut und dann nach und nach mit den Kränen auf einer Länge von fast 90 Metern in die Wasserwelt gehoben. Seit August laufen diese Arbeiten. „Durch diese Konstruktion kommen wir mit nur drei Stützen aus, auf denen das Dach liegt“, erklärt Renner-Boh weiter. Zudem wird in die Leimbinder unter anderem die Lüftungstechnik der Wasserwelt eingebaut.

„Rulantica“ wächst und wächst und wächst – immer höher, immer deutlicher. Unter anderem das Eingangsfoyer und Becken sind als rohe Betonbauten bereits erkennbar. „Beim Hotel Krønasår haben wir an die 17.000 Kubikmeter Beton verbaut“, sagt der Bau-Direktor. „Für Rulantica benötigen wir etwa die doppelte Menge.“ Die Wasserwelt ist das größte Projekt in der fast 240-jährigen Firmengeschichte der Familie Mack. Einen solchen Wasserpark gibt es bislang noch nicht in Europa. Die hausinterne Designabteilung Mack Solutions hat dafür eine eigene sagenumwobene Geschichtswelt entwickelt. Das Herzstück der Wasserwelt bildet eine von außen gesehen bis zu 20 Meter hohe, muschelförmige Halle. Sie misst rund 20.000 Quadratmeter und wird ganzjährig geöffnet sein. Beispielsweise 17 Wasserrutschen sorgen dort für Abkühlung und jede Menge Spaß.

„Wenn man noch vor zwei Jahren im Sommer an der jetzigen Baustelle war, dann konnte man sich um 360 Grad drehen und sah nur Maisfelder“, beschreibt Thomas Mack, Geschäftsführender Gesellschafter des Europa-Park, den Baufortschritt. „Was wir schon erreicht haben, macht uns stolz, aber es gibt noch viel zu tun.“ Zum Projekt gehört auch eine Erneuerung und Erweiterung der Zufahrt über die Autobahn A5 an der Anschlussstelle Rust/Ringsheim, um Staus vorzubeugen. Die neue Wasserwelt soll im Spätjahr 2019 fertig sein – am 12. Oktober 2019 feiert Europa-Park-Inhaber Roland Mack seinen 70. Geburtstag. Ob beide Ereignisse nicht irgendwie zusammenhängen?

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500 Ordner ergeben eine Wasserwelt - hinter „Rulantica“ steht auch ein gewaltiges Genehmigungsverfahren, das unter anderem beim Justiziar des Europa-Park, Dr. Michael Thoma, zusammenläuft.

Aktenordner über Aktenordner füllen die Schränke in der Anwaltskanzlei „Dr. Willi Thoma und Partner PartG mbB“ in Waldkirch. Das ist an sich nicht ungewöhnlich, gehört die Arbeit mit Akten doch zum täglich Brot eines jeden Rechtsbeistands. Außergewöhnlich ist aber, dass eine gewaltige Menge der Akten in der Waldkircher Kanzlei nur einem Thema gewidmet ist: der kommenden neuen Wasserwelt „Rulantica“ des Europa-Park. „Mittlerweile umfasst das Projekt etwa 500 Ordner“, erklärt Dr. Michael Thoma, heutiger Inhaber der bereits seit mehr als 60 Jahren in Waldkirch bestehenden Kanzlei und Justiziar des Europa-Park. „Die Wasserwelt nimmt eine eigene Schrankwand bei uns ein und eine Rechtsfachwirtin befasst sich nur mit dem Thema. Im Scherz sage ich manchmal Miss Wasserpark zu ihr.“

"Die Wasserwelt ist auch meine größte Baustelle gewesen, wenn eine Tür hinter einem geschlossen war, hat man oft gemeint, es stehen wieder zehn Türen vor einem“.
(Michael Thoma)

Bis ein großes Bauprojekt in die Realität umgesetzt werden kann, vergehen leicht viele Jahre. Bei der Wasserwelt waren es sogar zwei Jahrzehnte. „Das erste Mal wurde schon vor mehr als 20 Jahren darüber gesprochen“, berichtet Thoma. Das Genehmigungsverfahren geriet so groß, dass der Zweckverband- Tourismus-Dienstleistungen-Freizeit Ringsheim/Rust aus der Taufe gehoben und später im Landratsamt Offenburg für das Bebauungsplanverfahren eine eigene Arbeitsgruppe – eine Taskforce – gegründet wurde, etwa um die Zusammenarbeit mit 14 verschiedenen Fachbehörden zu koordinieren. Wesentlich zum Gelingen hat die umfangreiche Bürgerbeteiligung beigetragen. „Es gab insgesamt acht Versammlungen, in denen wir viele Fragen durch Fachleute klären konnten“, erläutert Thoma. „Zu den ersten kamen bis zu 900 Menschen, dabei war Wasser das Thema, das die Bürger am meisten beschäftigt hatte. Aber die Sorge, wir würden den Anwohnern das Wasser wegnehmen, konnten wir schnell nehmen, denn zum einen haben wir in der Rheinebene mit die beste Wasserbevorratung in ganz Deutschland und zum anderen haben wir mit drei Brunnen eine eigene, autarke Wasserversorgung für die Schwimmbadbecken und den See zwischen dem Hotel und dem Wasserpark aufgebaut.“

Michael Thoma, spezialisiert auf Baurecht, hat seit vielen Jahren alle Bauprojekte des Parks juristisch begleitet – „aber die Wasserwelt ist auch meine größte Baustelle gewesen, wenn eine Tür hinter einem geschlossen war, hat man oft gemeint, es stehen wieder zehn Türen vor einem“. (Im Bild: Dr. Michael Thoma)

Holzgiganten

Spektakuläre Bau-Aktion für den Wasserpark: Mit einem Spezialkran wurden riesige Holzgiganten auf Betonstützen gehoben. Fünf solche Holzträger
mit einem Gewicht von jeweils 110 Tonnen dienen als Fundament für die Holzkonstruktion der 12.000 Quadratmeter großen Dachfläche des Wasserparks. Die Fachwerkträger sind nacheinander in die künftige Wasserwelt eingefahren und anschließend durch den Einsatz eines 500 Tonnen schweren Krans millimetergenau auf die Betonstützen gehoben worden. Bereits im Vorfeld der Holzbinder-Montage sind am Boden umfangreiche technische Vorarbeiten in den Fachwerkträgerpaaren notwenig gewesen. Dazu zählen die Installation von Lüftungskanälen für die Zu- und Abluft, Trassen für Strom-, Wasser-, EDV und Medialeitungen sowie Laufstege für Wartungsarbeiten während des Badebetriebs. Pro Fachwerkträger sind 17 Tonnen Technik verbaut. Das Fichten-Holz sorgt für eine natürliche Optik und steht gleichzeitig für einen umweltfreundlichen und robusten Baustoff. Schließlich beläuft sich die Gesamtlast der Dachkonstruktion (Holzbinder, Technik und Dach) auf 1.600 Tonnen.