„Black Forest Cuisine“ und „Around the world“

Ein Gespräch mit Zwei-Sterne-Koch Peter Hagen-Wiest vom Restaurant „Ammolite – The Lighthouse Restaurant“ in Rust

Das Restaurant „Ammolite – The Lighthouse Restaurant“ des Europa-Park hat sich in der deutschen Spitzengastronomie fest etabliert. Erneut wurde das Restaurant mit Küchenchef Peter Hagen-Wiest mit zwei Michelin- Sternen ausgezeichnet. Im Gastronomieführer Gault Millau erreichte es 17 von 20 Punkten und das renommierte „Hornstein-Ranking“ sieht das Ammolite inzwischen mit aufsteigender Tendenz auf Platz 40 der deutschen gastronomischen Topadressen. emotional pur sprach mit Küchenchef Peter Hagen-Wiest.

Sie bieten Ihren Gästen ja als feste Säulen in der Regel zwei große Menüs an, die unter dem Titel stehen: „Black Forest Cusine“ und „Around the world“. Was bedeutet eigentlich „Black Forest Cuisine“ für Sie?       Peter Hagen-Wiest: Wir sehen den Schwarzwald als Tradition,
als eine Wurzel für uns, aber gleichzeitig kochen wir
 global und modern. Wir greifen Gerichte auf, die typisch sind 
für hier und bringen sie in Verbindung mit allen möglichen
 anderen Varianten der internationalen Küche. Also nach dem
 Motto „Schwarzwald trifft … die Küche around the world“. Wir kennen die Stärken der Möglichkeiten direkt aus der Region, wir wollen uns aber auch nicht regional begrenzen. Erst diese Kombination macht den Reiz aus. Bei unserem Menü „Black Forest Cuisine“ soll es natürlich einen Bezug zu unserer Region geben, aber es kann in der Kombination durchaus sehr atypisch sein in der Umsetzung. Damit soll alles auch moderner und frischer werden, ohne den Bezug zu unserem direkten Umfeld zu verlieren. Ich möchte unsere Gäste auch an Gerichte heranführen, die einst sehr typisch waren für hier, aber inzwischen in Vergessenheit geraten sind. Das ist gerade für die jüngere Generation spannend.

Können Sie Beispiele nennen?
Hagen-Wiest: Schwarzwurst-Ravioli mit Zwiebeljus und einer Rauch-Nage, also einer schaumigen Soße. Um der Schwarzwurst das Mächtige und Schwere zu nehmen, kombinieren wir das mit Äpfeln und einer leichten Zwiebelsauce, die etwas Süßliches reinbringt. Da entwickelt sich ein wunderbares Aromen- Spiel und aus der schweren Wurst, die man eigentlich nur vom Vesper her kennt, wird plötzlich etwas Elegantes. Das ist für mich ein typisches Beispiel für „Black Forest Cuisine“. Ein anderes Beispiel ist Hecht mit Kaviar. Wir verbinden das mit Karotten, die wir hier vom Biobauern haben. Da kommt noch Safran dazu, also eine Karotten-Safran-Soße. In Verbindung mit Kaviar entsteht ein ganz neues Geschmacksbild. Und dennoch erinnert es an ein traditionelles Gericht, das viele Menschen von früher her aus dem Gasthaus kennen. Wir haben es neu interpretiert. Super sind auch die Forellen aus dem Schwarzwald. Das kombiniere ich gerne mit Senfgurken, wie man sie noch von der Oma kennt. Das sind für mich auch Kindheitserinnerungen. Das macht Spaß und macht auch geschmacklich Sinn. So ist unsere Interpretation der Schwarzwaldküche: mit den Produkten von hier, mit dem Alltäglichen etwas Raffiniertes schaffen. Die Forelle wird leicht geräuchert und dazu kommen verschiedene Gurkentexturen. Aus den Senfgurken entsteht dann noch eine Creme dazu. Da entwickelt sich eine ganz spezielle Säure. Für den Geschmack ist das sehr spannend.

Und wie gehen Sie beim Einkauf Ihrer Produkte vor?
Hagen-Wiest: Ja, der Einkauf ist ein sehr wichtiger Aspekt der guten Küche. Wir stehen für den Schwarzwald als moderne Variante. Das zeigt sich natürlich auch beim Einkauf. Das Gemüse spielt eine sehr große Rolle. Ich bekomme es hier vom Bio-Bauern Otmar Binder vom Lindenbrunnenhof am Kaiserstuhl. Die Qualität ist erstklassig vom Geschmack, auch wenn vielleicht nicht jede Karotte in der Form gleich gut gewachsen ist. Da müssen wir in der Spitzenküche auch umdenken, wenn das Gemüse nicht ganz so perfekt aussieht, aber der Geschmack ist grandios. Den vollen Geschmack einer Karotte, Sellerie oder von Kohlrabi oder alten Gemüsesorten zu haben – darauf kommt es doch an. Zum Beispiel Schmelzkohlrabi, der im Winter wächst. Dieser Bauer hat eine riesige Freude an seinem Beruf und auch daran, neue Dinge auszuprobieren. Das ist auch für uns unglaublich wichtig. Er hat zum Beispiel eine Sauerkleewurzel gezüchtet. Großartig! Die ist hier gar nicht so bekannt, schmeckt kartoffelähnlich und hat eine besondere Säure. Das ist für mich Schwarzwald. Hier in der Erde gewachsen. Einzigartig im Geschmack, weil der stark löshaltige Boden hier wieder ein anderes Aroma entwickelt als in einer anderen Region. Ich habe lange gesucht, bis ich da einen solch guten Bauern als Partner gefunden habe. Ich glaube, der Trend geht klar zum biologischen Gemüse in der Spitzenküche. Wir versuchen alles, was geht, aus biologischem Anbau zu verwenden, und wir achten auch auf die saisonalen Besonderheiten. Es macht ja beispielsweise keinen Sinn, im Winter Tomaten stark einzusetzen. Das Schöne ist, dass ich auch nach und nach meine Köche von der Qualität des Gemüses vom Biobauern überzeugen konnte. Wir alle merken, dass das Gemüse heute besser schmeckt, als die Produkte, die wir früher konventionell hatten. Es ist oft ein bisschen mehr Aufwand beim Verarbeiten, aber die Mühe lohnt sich.

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Und wie ist es mit dem Fisch oder dem Fleisch aus der
Region?

Hagen-Wiest: Da verwende ich viel Zeit für den Einkauf. Es kommt ja auch auf die Mengen an, die wir benötigen. Beim Fisch klappt das ganz gut mit Saibling, Forelle, Hecht. Aber das Angebot an heimischen Fischen wird immer weniger und es ist auch schwieriger, die richtigen Lieferanten zu finden. In meiner Kindheit – ich komme ja vom Bodensee – bin ich oft zum Fischen rausgefahren mit meinem Vater. Da haben wir locker 100 Egli oder Kretzer (das ist eine Barschart ähnlich dem Zander) mitgebracht. Heute sind es vielleicht 20 oder weniger. Da ist schon eine große Veränderung zu beobachten. Beim Fleisch ist es noch schwieriger, erstklassige Produkte in ausreichender Menge zu bekommen. Wir nehmen ja nur die edelsten Stücke. Aber wir sind da ständig hinterher und mit Metzgern im Kontakt und im Gespräch. Aber Qualität steht einfach über allem bei uns. Ich kann natürlich zum Bauern gehen und ein gutes Filet kaufen, aber da reicht es meist mengenmäßig nicht. Am Ende schaffen wir es immer wieder. Die Suche nach guten Produkten ist ein wichtiger Bestandteil. Wenn ich gute Produkte finde, macht mich das auch glücklich und zufrieden, aber das bedeutet auch, zweimal in der Woche früher aufzustehen und morgens auf den Markt zu fahren. Anders geht das nicht.

Und bei der internationalen Küche?
Hagen-Wiest: Bei der internationalen Küche haben wir erstklassige, spezialisierte Lieferanten. Da ist es auch Glück, dass in unserer Region viele gute Restaurants sind und da auch ein Bedarf besteht. Natürlich brauchen wir Steinbutt und Jakobsmuscheln, Meeresfische, Krustentiere. Hier kommen dann auch Produkte aus Spanien, Südamerika, Südafrika und anderen Teilen der Welt auf den Tisch. Das ändert nichts daran, dass wir mit viel Herzblut auf regionale Produkte setzen. Wir denken global und international und lieben gleichermaßen das Regionale, das direkt vor unserer Haustüre liegt. Die Kombination macht den Charme aus.

Von Horst Koppelstätter