Bezaubernd, bildhübsch und natürlich

Über 300 Original Käthe-Kruse-Puppen in der Deutschen Allee im Europa-Park zu bestaunen | Marianne Mack hat die Dauerausstellung arrangiert

von Ute Bauermeister

   

Bildhübsch, die junge Dame: Der weiße Blusenkragen lugt unter einem blauen Blümchenkleid hervor, drüber ein schöner roter Kapuzenmantel und im Haar eine bezaubernde, weiße Schleife:

Käthe Kruse Puppen sehen richtig echt und lebendig aus. Sie haben fein gezeichnete Gesichter, liebevoll modellierte Backen und einen verträumten Blick. Kein Wunder, dass sich Kinder weltweit in diese natürlich wirkenden Stoffpuppen verlieben und sie nimmer aus dem eigenen Bettchen lassen. Auch Dorothea Czimer ist von den original Käthe-Kruse-Puppen begeistert und sammelt seit über 30 Jahren wunderschöne Exemplare. Jetzt hat sie über 300 liebvoll gehütete Puppen aus ihrer 390 Stück umfassenden Sammlung an den Europa-Park als Dauerleihgabe übergeben. In der Deutschen Allee ist nun das Puppenmuseum „Käthe Kruse“ mit großem Schaufenster eingerichtet. Aus nächster Nähe können die viele Details, Accessoires und aufwändigen Bemalungen der handgearbeiteten Puppen bewundert werden.

„Nee, das koof ich nicht, mach dir doch selbst eine!“

Im Grunde war die Sturheit des Mannes Schuld daran, dass Käthe Kruse 1905 zur Nadel griff und selbst tätig wurde. Ihre Tochter wollte so gerne eine schöne Puppe zu Weihnachten haben, doch der Vater bruddelte nur: „Nee, das koof ich nicht, mach dir doch selbst eine!“ Gesagt, getan: Käthe fackelte nicht lange und nähte aus dem, was da war, Kartoffel und Stoff, die erste eigene Puppe. Wer hätte gedacht, dass sie bald ein Unternehmen gründete und mit ihren Puppen international erfolgreich wurde? Und auch Dorothea Czirmer hat eine besondere Geschichte, mit der alles begann: „Meine Patentante hat mir, als ich fünf Jahre alt war, meine erste Puppe geschenkt,ich war sofort Feuer und Flamme“, erinnert sich Dorothea Czirmer.

 Die Puppen bestechen mit liebevollen Details.

Als Kind floh sie mit ihrer Mutter und den Geschwistern aus dem Sudetenland, ihren Handwagen mit der Puppe zog sie fest hinter sich her. Dorothea Czirmer absolvierte eine Lehre in Göppingen bei einem Rechtsanwalt, ging zwei Jahre nach England, bevor sie sich in Frankfurt am Main niederließ. Ihre Liebe zu Puppen begleitet sie ein Leben lang, auf einer Messe entdeckte sie die ersten echten Käthe-Kruse-Puppen. „Mich fasziniert die diffizile Handarbeit, jede Puppe sieht anders aus und jede von ihnen lebt irgendwie“, beschreibt die Sammlerin. Noch gut ist ihr im Gedächtnis, wie sie einmal als Siebenjährige auf der Kirmes einen Losgewinn zog und dann aber keine der versprochenen Puppen, sondern einen Trostpreis, bekam. „Seither habe ich nie wieder ein Los gekauft!“

Auf Flohmärkten oder Antikmärkten wird Dorothea Czirmer fündig. Inzwischen wissen alle Freunde und Verwandten von ihrer Sammelfreude und geben ihr Tipps oder haben selbst Puppen im Fundus, die sie ihr weitergeben. Viel Zeit wendet die Sammlerin für die Pflege ihrer Puppen auf. Die Kleider werden per Hand gewaschen und gebügelt (keine leichte Aufgabe bei den kleinteiligen Roben). Vorsichtig werden die Haare gewaschen und gekämmt. „Dabei helfen mir geduldige Freunde. Das größte Problem sind Motten, ich beauftrage einmal im Jahr einen Kammerjäger und arbeite mit Speik-Seife, um einen Befall zu verhindern“, erläutert die Expertin.

300 Käthe-Kruse-Puppen in der Deutschen Allee

Besonders wichtig war ihr, dass ihre Puppen von vielen Menschen gesehen werden können. Über eine Skifreundin kam der Kontakt mit dem Europa-Park zustande. Dorothea Czirmer stieß bei der Familie Mack auf offene Ohren mit ihrem Wunsch, die Puppensammlung öffentlich zu präsentieren. Während der Öffnungszeiten strahlen nun 300 Original Käthe-Kruse-Puppen in der Deutschen Allee. „Ich konnte mich zwar nicht von allen auf einmal trennen, aber ich freue mich sehr über die schöne Präsentation. Und mit meiner Jahreskarte kann ich die Puppen jederzeit besuchen. Freunde von mir wohnen im Kaiserstuhl in der Nähe vom Europa-Park, so dass ich häufig in der Region bin.“

Jetzt hat Dorothea Czirmer wieder mehr Zeit für andere Hobbies und freut sich auf die kommenden Urlaube, aufs Skifahren und die Radtouren. Doch wenn ihr ein Händler eine echte Käthe-Kruse- Puppe mit zwei Köfferchen voll Kleidern und Schuhen anbietet, bekommt sie nach wie vor leuchtende Augen und lässt alles stehen und liegen. „Einmal habe ich eine Puppe erstanden, die sehr bespielt war, doch eine japanische Restauratorin hat mir das Gesicht neu gemalt. Spuren zeugen ja auch davon, dass die Puppe sehr viel erlebt hat und geliebt wurde“, meint Dorothea Czirmer. Ihre erste Puppe „Gretel“ hat sie selbstverständlich noch bei sich zu Hause.

 Marianne Mack (links) mit Puppen- Sammlerin Dorothea Czirmer.

KÄTHE KRUSE (1883–1968)

Hat mit dem Bühnenbildner Max Kruse sieben Kinder. Als sich eine Tochter eine Puppe wünscht, sagt ihr Mann: „Ick koof euch keene Puppe. Ick find se scheißlich. Macht euch selber welche.“ 1905 begann sie weiche, lebensechte Puppen herzustellen. Sie gründete eine Manufaktur in Bad Kösen und kämpfte erfolgreich um ein Patent ihres Puppenskelettes. Bis heute gibt es dort und in Donauwörth eine Ausstellung ihrer Werke und eine Puppenmanufaktur.