Die Symbolik der Farben

Colourcodes verraten die Stimmung im Lande

Farben sprechen Gefühle an. Sie haben eine direkte Wirkung auf die Psyche der Menschen. Jeder Kulturkreis hat eigene Farbsymboliken. Die Farbwahrnehmungen sind nicht nur kulturell geprägt, sondern variieren auch im Laufe der Zeit. Die symbolische Bedeutung mancher Farben wurde früher teils autoritär festgelegt. So bestimmte ein chinesischer Kaiser, dass nur er gelb tragen durfte. Im Jahr 1197 erließ der englische König Richard I. ein Gesetz, demzufolge sich einfache Leute grau kleiden sollten. Gerade in der Mode hat sich das Farbspektrum heute deutlich erweitert, derzeit ist Colour-Blocking en vogue, eine Kombination vieler verschiedener Farben.

Farben stiften Identität

Ob Konsumgüter, Firmen oder Marken, einige kämpfen sogar vor Gericht um „ihre“ Farbe. Denn Farben steigern den Wiedererkennungswert einer Marke. Farblich gestaltete Werbung wird deutlich häufiger gelesen als vergleichbare Werbung in Schwarz-Weiß. Manchmal ist die Farbe sogar entscheidend für den Kauf, denn Farben transportieren Stimmungen. In Deutschland können Unternehmen beim Patent- und Markenamt neben Namen auch Farben schützen lassen. Für Firmen und Vereine dienen bestimmte Farben oder Farbkombinationen als Identifikationsmerkmal. Als Marke geschützt ist etwa der Farbton Magenta der Deutschen Telekom, das Gelb von Langenscheidt und das Lila der Milka-Schokolade.

 Rot hat eine starke Signalwirkung.
Rot symbolisiert Gefahr und Sinnlichkeit

Die größte Signalwirkung hat die Farbe Rot. Jeder weiß, dass er bei einer roten Ampel stehen bleiben muss. Rot steht für Blut, Revolution oder Aufruhr, aber auch für Sinnlichkeit und Sexualität, wie die Rotlichtmilieus verdeutlichen. Selbst in der Sprache hat sich das niedergeschlagen: „Ich sehe rot“ signalisiert Gefahr im Verzug. Über viele Jahrhunderte bedeutete Rot auch Macht und Herrschaft, der König trug eine rote Robe ebenso wie kirchliche Würdenträger.

Die Jakobiner setzten sich während der Französischen Revolution eine rote Mütze auf. Im 19. Jahrhundert wurde die rote Fahne zum zentralen Symbol sozialer Aufstände und zwar in ganz Europa. In Deutschland kam die rote Fahne im Revolutionsjahr 1848 auf, bevor sie zur Traditionsfahne der SPD wurde. Jede Partei hat ihre eigene, unverwechselbare Farbe. Die Grünen tragen die Farbe ganz programmatisch im Namen.

Blau ist die Lieblingsfarbe

Die Lieblingsfarbe der meisten Deutschen ist Blau. Blau symbolisiert Himmel, Wasser, Ruhe, Harmonie, Ferne und Freiheit. Im Alltag ist die Farbe das Signal für viele positive Verkehrszeichen: Weiße Fußgänger auf blauem Grund bedeutet Vorrang für alle per pedes. In der Werbung hat Blau eine starke Präsenz. Von Nivea, Tempo-Taschentüchern über Aral bis hin zu Samsung wird die positive Ausstrahlung der Farbe für Produkte genutzt.

Aber Blau hat auch eine melancholische Seite, wie sie vor allem die Romantiker herauszufiltern wussten. Die Engländer kennen die Redewendung „I feel blue“, wenn sie traurig sind. Im Deutschen stammt der Spruch „Blau machen“ aus dem Arbeitsalltag der Blaufärber im Mittelalter. Der wichtigste Farbstoff war früher Indigoblau. Er kann aus verschiedenen Pflanzen gewonnen werden, zum Beispiel aus Färberwaid. Bei schönem Wetter wurden die in Bottichen zuvor gefärbten Stoffe an der Luft getrocknet, während die Färber derweil im Gras lagen und am Alkohol nippten, der zum Gärungsprozess nötig war: Sie machten Blau!

Gelb steht für Licht

In der Antike zählte Safrangelb neben Purpur und Indigo zur wichtigsten Farbe. Freya, der germanischen Göttin wurde die Farbe Gelb zugesprochen. Ihr Tag, der Freitag, galt den Germanen als Glückstag. Das änderte sich im Zuge der Christianisierung: Gelb mutierte zur Schandfarbe und Freitag zum Unglückstag. In Asien dagegen ist Gelb als Symbol des Lichtes heilig und die Mönche tragen gelbe Kleider. Heute suggeriert die Farbe Gelb eine eher heitere, fröhliche Stimmung. Gelb steht für Lebendigkeit, Freude, Optimismus, Aktivität, Kreativität und Fantasie. Große Label setzen auf Gelb, darunter Yellow-Strom oder die Deutsche Post.

Grün für Natur und Nachhaltigkeit

Bäume, Gras und Blätter sind grün. Grün steht ganz klar für Natur, auch in der Politik. Mit Grün werden positive Signale gesetzt, im Verkehr beispielsweise die grüne Ampel. Im Christentum ist Grün mit Bezug auf Frühling die Farbe der Auferstehung. In der Karwoche liegt der Gründonnerstag, an dem grünes Gemüse gegessen werden soll, als Symbol der Befreiung von den Sünden. Psychologisch wird Grün eine beruhigende Wirkung zugeschrieben. Es fördert Eigenschaften wie Ausdauer, Toleranz und Zufriedenheit. Viele Menschen verbinden Grün mit Frühling, einer positiven Jahreszeit, in der alles blüht, sprießt und zu Leben erwacht. Daher steht Grün auch für Fruchtbarkeit.

Das amerikanische Farbinstitut Pantone hat die Farbe "Marsala" (ein erdiges Rot) zur Farbe des Jahres 2015 gewählt.

Farben beeinflussen unsere Gefühle

Durch das Wissen, welche Reize und Empfindungen eine Farbe beim Betrachter auslöst, werden Farben gezielt im Alltag und in der Gestaltung eingesetzt. Auf diesen Erfahrungen werden Werbekampagnen, Webseiten oder Modemarken aufgebaut. Versicherungen verwenden beispielsweise gerne Blautöne, die eine gewisse Sachlichkeit und Vertrauen suggerieren. In Discountern dominiert häufig die Farbe Orange, da dieser Farbton für Spaß und niedrige Preise steht. Die Psychologin Ines Imdahl hat nach der Finanzkrise einen Farbwechsel beobachtet: Die Hintergrundfarbe habe, so Imdahl, von Weiß auf Schwarz gewechselt. Verändern sich kulturelle Werte, so dominieren andere Farben als zuvor.

Seit dem Jahr 2000 kürt das amerikanische Farbinstitut Pantone jährlich die Farbe des Jahres und setzt damit Trends. 2013 gewann die Farbe Emerald, ein sattes Smaragdgrün, das auch ein Lebensgefühl wiedergab. Der Farbton passte zur globalen Stimmung, dem Ruf nach Regeneration, Balance und Wachstum. Vergangenes Jahr war „Radiant Orchid“, ein Violett, der Gewinner und dieses Jahr ist das erdig-warme Weinrot „Marsala“ Farbe des Jahres. Leatrice Eiseman, Executive Director bei Pantone, erläutert: „Marsala kommt von innen heraus, berührt die Seele und vermittelt Vertrauen, Zufriedenheit sowie Stabilität. Es ist eine robuste, anspruchsvolle und elegante Farbe, die Körper, Seele und Geist nährt.“

Text: Ute Bauermeister

Fotos: fotolia, iStockphoto, Pantone