Fliegen wird leichter und angenehmer

Beschichtungen Flugzeug

Auch Dank neuester Beschichtungen, die von der Lack- Forschung und -Industrie für Flugzeuge entwickelt werden. Modernste High-Tech-Lacke unterstützen den Flugzeugbau darin, Flugzeuge so zu bauen, dass sie die Umwelt weniger belasten und mit geringeren Kosten über längere Zeiträume zu betreiben sind.

Die Beschichtungen von Flugzeugen sind technische Meisterleistungen: So dünn wie menschliches Haar erweisen sich die Speziallacke etwa der Hersteller Akzo Nobel, Mankiewicz und PPG als wahre Alleskönner in der Gefahrenabwehr. Hydrauliköle, Kerosin, Regen und ultraviolette Strahlung können sie ebenso ab wie Hagel, Eis und Staub. Auf einem Wüsten-Airport geht es bei plus 70 Grad in die Luft, wenig später auf 10.000 Metern Flughöhe herrschen dann 60 Grad minus – auch diese extremen Temperaturschwankungen machen Flugzeuglacken nichts aus. Genauso wenig wie Druckunterschiede: Wegen des Überdrucks im Flugzeugrumpf bläht sich die Maschine während des Flugs etwas auf. Die speziellen Flugzeuglacke dehnen sich daher in der Höhe aus und ziehen sich zusammen, sobald die Maschine landet. Beispielsweise die Lacke der Automobilindustrie wären für solche Höchstleistungen nicht geeignet. Auch in ihren Farbeigenschaften haben sich Flugzeuglacke bemerkenswert entwickelt: Früher waren Flugzeuge schlicht weiß – heute müssen sie als unverwechselbare Eyecatcher dahergef logen kommen. Moderne Lacke ermöglichen komplexe Farbdesigns und damit den Fluggesellschaften die Betonung ihrer Marke über die Außenlackierung.

Allerdings sind immer noch ambitioniertere Anforderungen ein ständiger Flugbegleiter. Zwar werden Flugzeuge noch länger grundsätzlich kaum anders aussehen als heute, doch im und unterm Lack breitet sich längst eine kleine Revolution aus: Flugzeuge werden zunehmend so gebaut, dass sie die Umwelt weniger belasten und mit geringeren Kosten über längere Zeiträume zu betreiben sind. Fliegen soll leichter werden. Die Lackforschung und -industrie steht dem Flugzeugbau in der Erreichung dieses Ziels eng zur Seite. Neue Lack-Systeme und -Technologien helfen somit auch, die Umweltbelastung im Flugverkehr zu senken. Zudem ermöglichen sie deutliche Kosteneinsparungen für Airlines und Flugzeugbauer.

Noch lange werden Flugzeuge so aussehen wie heutzutage. Aber unter dem Lack breitet sich längst eine kleine technische Revolution aus.

Deutlich haltbarer
So hat Mankiewicz das so genannte „Base coat / clear coat“- System im Luftfahrtbereich erfunden, das dank seiner Bindemittelchemie eine höhere Pigmentierung und damit wesentlich geringere Schichtdicken im Lackaufbau zulässt. „Rund 650 Kilogramm Lack fliegt beispielsweise ein einzelner Airbus A380 auf seiner 3.150 Quadratmeter großen Oberfläche um den Globus. Das entspricht der Lackmenge von über 150 Kleinwagen“, erklärt das Unternehmen. Mit dem neuen Außenlack sei es dagegen möglich, die Lackmenge, je nach Design, um bis zu 20 Prozent zu reduzieren. Die Gewichtseinsparung senke den Treibstoffverbrauch. Zudem verlängere das System die Haltbarkeit der Lackierung von bisher fünf auf bis zu acht Jahre.

„Lacksysteme, die schneller trocknen und weniger Schichten brauchen, helfen, Rohstoffe und Energie zu sparen. Die Reparaturin- tervalle werden ausgedehnt und verlängern die Lebens- dauer", so Mankiewicz, das bereits 2006 das innovative „Base coat / clear coat“-Lacksystem zusammen mit Airbus in der Luftfahrt eingeführt hat. Mittlerweile sei es der Standard bei den Exterior-Lacksystemen. Als weitere Ziele in der Entwicklung werden beispielsweise von Akzo Nobel „selbstheilende Oberflächen, höhere Kratzbeständigkeit und robuste Applikation“ genannt.

Um Treibstoff zu sparen – und damit den CO2-Ausstoß zu vermindern, finden im Flugzeugbau mehr und mehr leichte Materialien wie kohlefaserverstärkte Kunststoffe Einzug. Auch auf diesen Trend reagieren die Lack-Hersteller, in dem sie Lacke entwickeln, die auf möglichst vielen Untergründen verwendet werden können, damit pro Flugzeug nur wenige verschiedene Lacke verarbeitet werden müssen. Weiterhin wird auch intensiv daran gearbeitet, eine bahnbrechende Erfindung des Fraunhofer Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in die Realität umzusetzen: den „Haifischlack“. Die von dem Bremer Institut entwickelte Technologie ermöglicht es, Strukturen der Haifischhaut auf die Flugzeuglacke zu übertragen. Die schuppenförmige Lackierung der Flugzeughülle bedeckt beispielsweise bereits mehrere Airbus-Testflugzeuge. Experten gehen davon aus, dass sich mittels dieser strömungsgünstigen Oberflächen etwa ein Prozent Kerosin einsparen lässt. Derweil beschäftigen sich die Lacktechnik-Experten des IFAM schon mit einem anderen Aspekt, der die Luftfahrt vor Herausforderungen stellt. Die Bildung von Eis insbesondere an den Flügeln kann zu massiven Problemen führen, da sowohl die Aerodynamik negativ beeinflusst wird, als auch das Gewicht des Flugzeugs stark zunehmen kann. Mit internationalen Partnern arbeitet das IFAM an Anti-Eis-Beschichtungen und neuartigen Enteisungstechnologien.

Moderne Flugzeuglacke können auf möglichst vielen unterschiedlichen Untergründen zugleich verwendet werden.

Die Innovationen der Lackindustrie beschränken sich aber nicht nur auf die Außenhaut von Flugzeugen. Auch für die Innenausstattung bietet sie Verbesserungen. So hat Mankiewicz ein antimikrobielles Lacksystem für den Einsatz im Flugzeuginnenraum ausgearbeitet. Der Lack bietet den Angaben des Unternehmens zufolge einen lang anhaltenden Schutz gegen Bakterien und andere Mikroorganismen. Eingesetzt in Nasszellen und Küchen sowie auf Sitzlehnen, Gepäckfächern und Druckschaltern aller Art kann damit die Verbreitung von Keimen sowie unerwünschten Gerüchen verringert werden. Fliegen wird somit unter anderem dank neuer Lacke nicht nur leichter, sondern auch noch angenehmer.

Text: Christoph Ertz

Fotos: Mankiewicz Gebr. & Co. (GmbH & Co. KG), Deutsche Lufthansa AG