Sebastian Holy

Vom Vesper bis zum feinen Baden-Baden-Style

Gespräch mit Sebastian Holy, Küchenchef in der Geroldsauer Mühle in Baden-Baden, über das Comeback der regionalen Küche und das Prädikat „Naturpark-Wirt“, über Gemütlichkeit und über die Inspiration für seine kulinarischen Kreationen – von Wurstsalat bis zum veredelten Schweinebraten

Wie wichtig ist denn die regionale Küche für das Gesamtangebot der Geroldsauer Mühle?
Sebastian Holy: Das Regionale ist für uns unglaublich wichtig. Wir müssen nur aus der Haustür gehen und finden nahezu alles. Auf dem Wochenmarkt in der Innenstadt oder im Kloster Lichtental. Da gibt es eine große Auswahl und hohe Qualität. Entsprechend kreieren wir viele eigene Gerichte. Erstklassiges Fleisch, Obst und Gemüse – wir haben doch alles hier in der Region vom Feinsten. Wir machen mit bei der Aktion „Echt Schwarzwald“, sind „Naturpark-Wirt“ und wurden von der Aktion „Schmeck den Süden“ ausgezeichnet.

Welchen Stellenwert hat das offizielle Prädikat „Naturpark-Wirt“?
Holy: Das hat schon Bedeutung. Wir stehen dafür, dass wir die Produkte aus der Region beziehen. Das ist sehr wichtig für den Gast. Wir wollen Baden-Baden und den Naturpark leben und kaufen deshalb das Gemüse hier, auch wenn beispielsweise aus Spanien günstigere Ware zu Kampfpreisen angeboten wird. Das ist letztlich ein Markenzeichen für das Wirtshaus von Peter Schreck.

Die regionale Küche spielt doch auch in den anderen Restaurants, die Inhaber Peter Schreck betreibt, eine Rolle ...
Holy: Klar, wir gehen mit der Saison bei Gemüse, Obst oder Wild aus der Region. In der Geroldsauer Mühle ist das aber besonders stark ausgeprägt, das wird von den Gästen unglaublich gut angenommen. Unsere Eltern und Großeltern haben noch selbst Gemüse angebaut. Das ist ein Trend, der jetzt wiederkommt. Die Menschen schätzen wieder das Eigene und die damit verbundene Qualität. Schwarzwurzel, Steckrüben, Grünkohl oder auch Topinambur aus der Region sind Beispiele für solch ein Comeback.

Wo holen Sie sich als Küchenchef Ihre Inspirationen, wie entwickeln Sie immer wieder etwas Neues?
Holy: Wir gehen mit offenen Augen durch die Welt. Ich lese viel, aber auch Fernsehsendungen nach dem Motto „Was die Großmutter noch wusste“ sind spannend. Inspirationen gibt es überall. Gerade auch bei regionalen Kochsendungen. Bei jedem Restaurantbesuch und auch auf dem Markt finde ich Anregungen.

Gehen Sie auch bei der Zusammenstellung der Speisekarte auf Vorschläge von Gästen ein?
Holy: Das passiert durchaus. Letztlich bestimmt ohnehin der Gast die Speisekarte. Wir sehen ja schnell, was die Gäste mögen und bestellen und richten uns danach. Kalbsbäckle beispielsweise oder Entenbrust sind ein Dauerbrenner, das könnten wir nicht von der Karte nehmen, das lieben die Gäste, gerade in der kälteren Jahreszeit. Auch das Wiener Schnitzel ist sehr gefragt aber auch der Wurstsalat oder das Wirtshaus-Vesperbrett sind ein Schlager.

Jetzt haben wir über die badische, regionale Schwarzwälder Küche gesprochen. Welches waren denn Ihre Einflüsse, die Sie stark geprägt haben?
Holy: Ich war fünf Jahre im Rizzi, das hat meinen Stil schon beeinflusst. Das ist eine Crossover-Küche mit unglaublich vielen kulinarischen Highlights. Von Sushi über Ravioli bis zum Wiener Schnitzel und weltweit ausgewählte Steakqualitäten. Das Angebot dort war schon riesig und für uns Köche immer wieder aufs Neue eine Herausforderung. Die Traube Tonbach hat mich sehr geprägt und meine Zeit auf Sylt mit einem Schwerpunkt auf Meeresfische. Hier in der Mühle ist Regionalität angesagt. Ich kann täglich vieles aus meiner 20-jährigen Erfahrung einbringen. Das macht unglaublich Spaß. Warum einen Schweinebraten nicht auch mal leicht asiatisch zubereiten mit Zitronengras, Koriander oder Ingwer? Jedes regionale Produkt lässt sich mit anderen Küchenstilen verfeinern. Das wird hier in der Mühle an Bedeutung gewinnen. Natürlich gibt es weiterhin einen deftigen leckeren Wurstsalat, aber eben auch andere Gerichte. Und: Wir lernen jeden Tag. Das Publikum ist wunderbar gemischt, von den Wandersleuten bis zur Geburtstagsfeier. Die Palette reicht also vom Vesper bis zum feinen Baden-Baden-Style.

„Warum einen Schweinebraten nicht auch mal leicht asiatisch zubereiten mit Zitronengras, Koriander oder Ingwer?“

Und wenn Sie privat kochen – was kommt da auf den Tisch?
Holy: Zu Hause gibt es schon mal ein feines Rinderfilet mit Kartoffelgratin. Das macht mir auch privat Spaß. An meinen freien Tagen koche ich immer für uns zu Hause. Spargel und auch Meeresfische sind meine Favoriten, aber es kommt auch ein bisschen auf die Jahreszeit an.

Wie sieht eigentlich ein typischer Tagesablauf bei Ihnen aus?

Holy: Es geht morgens früh los mit dem Einkauf. Es folgen das Einteilen der Mitarbeiter, die Warenannahme, die Kalkulation, die Karte. Dann startet der Mittagsservice. Ich bin verantwortlich, dass alle Gerichte in bester Qualität rausgehen. Wir haben zwölf Mitarbeiter in der Küche und werden noch weiter aufstocken. Das ist schon eine Herausforderung. Wir haben durchgehend von 11.30 Uhr bis 22 Uhr geöffnet und arbeiten ohne Unterbrechung bis zum Ende in der Nacht durch. Natürlich ist es am Nachmittag bei Kaffee und Kuchen für die Gäste etwas ruhiger, aber dann geht es sehr schnell wieder richtig los. Ich kenne das seit 20 Jahren nicht anders. Mir ist wichtig, dass die Mitarbeiter glücklich sind, dann können wir vieles schaffen. Als Koch zu arbeiten ist stressig, aber in meinen Augen ist es der schönste Beruf der Welt!