IHK Karlsruhe

Präsident der IHK Karlsruhe, Wolfgang Grenke, im Interview | Aktuelle Entwicklungen der Wirtschaft in der TechnologieRegion

Herr Grenke, im Jahr des 300. Stadtgeburtstages von Karlsruhe geht es der Wirtschaft in der TechnologieRegion Karlsruhe gut. Worauf führen Sie dies zurück?
Wolfgang Grenke: Zunächst einmal gratuliere ich der Stadt Karlsruhe im Namen der regionalen Wirtschaft sehr herzlich zum Stadtgeburtstag. Es zeigt sich, dass ein gesunder Mittelstand früher wie heute eine elementare Stütze für die Wirtschaft ist. Schlüssel hierfür sind eine solide Finanzierung und innovative Produkte, die auf den Weltmärkten erfolgreich bestehen. 

Außenhandel und Globalisierung scheinen für viele Unternehmen ein zentrales Thema zu sein.
Grenke: Internationalisierung und Außenhandel sind entscheidende Themen für unsere regionale Wirtschaft. Innovative Produkte brauchen Absatzmärkte. Daher ist es nur logisch, dass der Schritt ins Ausland gewagt wird. Diesen Schritt bewerkstelligen die Unternehmen in der TechnologieRegion Karlsruhe sehr gut. So wird bereits jeder zweite Euro im Ausland verdient. Der Wert aller exportierten Güter betrug im Jahr 2014 circa 19 Milliarden Euro, was einem Zuwachs von knapp 20 Prozent im Vergleich zu 2013 entspricht. Damit haben wir den größten Zuwachs aller Regionen in Baden-Württemberg. Neue Märkte bedeuten für die Unternehmen neue Herausforderungen. Diesen Informationsbedarf unterstützen wir in der IHK Karlsruhe durch unser internationales Netzwerk der Auslandshandelskammern (AHK).

Welche Märkte sind für die Unternehmen in der TechnologieRegion von besonderem Interesse?
Grenke: Die Europäische Union ist noch immer der wichtigste Handelspartner. Frankreich und die Schweiz sind zentrale Märkte. Man kann hier schon von einem historisch gewachsenen Außenhandel sprechen. Aber auch die USA und China sind zu wichtigen Handelspartnern geworden. Zunehmend spielen aber auch lange vernachlässigte Märkte eine wichtige Rolle. So haben wir in der IHK Karlsruhe 2014 ein neues Referat für Afrika und Lateinamerika geschaffen.

„Internationalisierung und Außenhandel sind entscheidende Themen für unsere regionale Wirtschaft”, stellt Wolfgang Grenke klar.

Innovative Unternehmen brauchen innovative Mitarbeiter. Man liest aber ständig von Fachkräftemangel und demografischem Wandel. Hat sich die Wirtschaft schon auf die Veränderungen eingestellt?
Grenke: Fachkräfte sind für die Wirtschaft unabdingbar und die Unternehmen spüren schon jetzt, dass das Ringen um Fachkräfte immer intensiver wird. Ohne gute Führungskräfte kann ein Unternehmen nicht dauerhaft innovativ und erfolgreich sein. Und ohne Fachkräfte können diese Innovationen nicht umgesetzt werden. Dies erkennen immer mehr Unternehmen. Hier herrscht in Zukunft noch größerer Informations- und Handlungsbedarf. Viele Unternehmen sind sich aber schon jetzt der Situation bewusst und arbeiten stetig an einer Verbesserung der Ausbildungsqualität, gehen aktiv auf Schulabgänger zu und vermarkten sich selbst und ihre Berufe.

Mit welchen Maßnahmen unterstützt die IHK Karlsruhe ihre Unternehmen bei der Fachkräfterekrutierung?
Grenke: Unser erfolgreiches Berufsorientierungsprojekt „Wirtschaft macht Schule“ bietet Schülerinnen und Schülern aller allgemeinbildenden Schulen schon frühzeitig durch ihre Kooperationsbetriebe Unterstützung bei der Berufswahl. Zudem engagiert sich die IHK Karlsruhe für die Gewinnung von Fachkräften im Ausland. Während bei uns die Betriebe händeringend nach Fachkräften suchen, sind 40 Kilometer weiter im Elsass viele Jugendliche direkt nach Schulabschluss von Arbeitslosigkeit bedroht. Aus diesem Grund kooperiert die IHK Karlsruhe mit den beiden elsässischen Kammern, der CCI Strasbourg und der CCI Région Alsace. Gemeinsam werden Ausbildungsmessen veranstaltet und deutsche Betriebe mit französischen Schulen zusammengeführt. Für die gesamte Oberrheinschiene wurde zudem ein Vertrag zur grenzüberschreitenden Ausbildung unterzeichnet.

Von Jahr zu Jahr steigt die Zahl der Erstsemester an den Hochschulen. Braucht die Wirtschaft so viele Akademiker?
Grenke: Die Wirtschaft braucht bedarfsgerecht ausgebildete Fachkräfte. Aber auch und vor allem dual ausgebildete Fachkräfte sind unverzichtbar. Inzwischen gibt es mit rund 500.000 jungen Menschen fast genauso viele Studien- wie Ausbildungsanfänger. Dabei ist nicht jeder mit einem Studium wirklich gut beraten. Ein weiteres Potenzial an Fachkräften könnte sich aus den rund 25 Prozent Studienabbrechern – in den Ingenieurwissenschaften sind es sogar fast 50 Prozent – erschließen. Die IHK Karlsruhe hat mehrere Projekte gestartet, um aus Studienabbrüchen Bildungsanschlüsse zu machen. Daher ist die TechnologieRegion auch eine Pilotregion des Projekts Bildungsweichen in Baden- Württemberg geworden, um den Umstieg aus dem Studium in die duale Ausbildung zu erleichtern. Ehemalige Studierende sind auf dem Ausbildungsmarkt sehr begehrt. Und nicht zu vergessen, heutzutage ist eine berufsbegleitende Weiterbildung eine karrierefördernde Möglichkeit. Das IHK-Jahresthema 2015 lautet „Digitale Wirtschaft“.

"Ohne Fachkräfte können Innovationen nicht umgesetzt werden“

Welche Bedeutung haben Unternehmen aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in der TechnologieRegion?
Grenke: Karlsruhe ist seit jeher geprägt von Erfindergeist und Innovationsfreudigkeit. Heute, in Zeiten der Digitalisierung und Industrie 4.0, ist der Wirtschaftsraum Karlsruhe Motor für Weiterentwicklungen vor allem im IKTBereich. Der wirtschaftliche Erfolg der TechnologieRegion ist in hohem Maße auf die regionale IKT-Branche zurück zu führen. Bereits mit Gründung der ältesten Informatik-Fakultät vor über 40 Jahren am heutigen Karlsruher Institut für Technologie (KIT) siedelten sich die ersten IT-Unternehmen in der Region an. Die TechnologieRegion ist heute wesentlicher Bestandteil des deutschen Spitzenclusters „Software-Innovationen für das Digitale Unternehmen“. Diese Spitzenstellung wurde 2014 durch eine Studie der EU-Kommission bestätigt: Unter 1.303 EU-Regionen liegen nur noch Paris, London und München vor uns!

Ist die fortschreitende Digitalisierung nicht für etablierte Unternehmen und Branchen auch eine ernste Bedrohung?
Grenke: Die digitale Wirtschaft ist eine große Chance und Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit. Um digitale Daten und Anwendungen der Unternehmen zu schützen, bauen wir in der TechnologieRegion unsere hohe Kompetenz in der IT-Sicherheit fortlaufend aus. Unter anderem arbeiten an diesem Thema das Kompetenzzentrum für angewandte IT-Sicherheitstechnologien (KASTEL) und die Karlsruher IT-Sicherheitsinitiative (KA-IT-SI). Ziel der KA-IT-SI ist es, insbesondere mittelständische Unternehmen für ITSicherheit zu sensibilisieren und bei deren Umsetzung zu unterstützen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung erklärte Karlsruhe 2014 zu einem nationalen Kompetenzzentrum für Cybersicherheit.

Der Baden-Badener Unternehmer und 
Vorstandsvorsitzende der Grenkeleasing
AG, Wolfgang Grenke, ist seit 2013
Präsident der Industrie- und Handelskammer
(IHK) in Karlsruhe. Die IHK
Karlsruhe vertritt rund 68.000 Unternehmen.
Die Zahl der Mitgliedsunternehmen
steigt seit Jahren kontinuierlich.
In den letzten fünf Jahren haben
Mitgliedsunternehmen der IHK Karlsruhe
an die 35.000 neue Arbeitsplätze
geschaffen.

Hier Audiofile zum Anhören:

Quelle: YouTube