Der zweite Michelin-Stern

Gespräch mit „Ammolite – The Lighthouse Restaurant“- Küchenchef Peter Hagen und Europa-Park-Geschäftsführer Thomas Mack über das Fine-Dining-Restaurant

Das Ammolite ist bereits zwei Jahre nach Eröffnung mit dem zweiten Michelin-Stern ausgezeichnet worden. Europa-Park-Geschäftsführer Thomas Mack: „Was dieses hoch motivierte Team um Peter Hagen mit tollen jungen Köchen und erstklassigen Servicemitarbeitern auf die Beine gestellt hat, ist außergewöhnlich und erfüllt mich mit Stolz. Küchenchef Peter Hagen hat in kürzester Zeit die Herzen der Gourmets mit großer Kreativität und hoher Disziplin erobert.“

Wo waren Sie, als der Anruf des Michelin-Chefredakteurs mit der Nachricht des zweiten Sterns für das Restaurant Ammolite kam?

Thomas Mack: Ich war gerade dabei, meine Koffer für eine Reise in die USA zu packen und war vollkommen überrascht, als ich hörte, der Chefredakteur des Michelins-Führers, Ralf Flinkenflügel, sei an der Leitung. Entweder haben Sie eine super gute oder eine sehr schlechte Nachricht, sagte ich spontan ... Sie bekommen den zweiten Stern, antwortete er. Das war eine Riesenüberraschung. Natürlich haben wir darauf hin gearbeitet, aber ohne zeitlichen Druck. Wir wollten im Ammolite vom ersten Tag an anders und auch besser sein, aber mit zwei Michelin-Sternen innerhalb von gut zwei Jahren hat keiner von uns gerechnet. Schon der erste Stern nach kurzer Zeit war für uns eine Sensation, wir waren damit der erste Freizeitpark weltweit mit einem Michelin-Stern. Das war eigentlich alles so unwirklich, wir konnten es gar nicht glauben ...

Und wie war Ihr erster Gedanke, Peter Hagen?

Peter Hagen: Ich habe eigentlich nichts mehr gedacht. Ich war vollkommen baff und sprachlos. Das passiert nicht oft. Zuerst war ich noch etwas ungläubig und habe zweimal gefragt, stimmt das wirklich?

Wenn Sie heute zurückblicken, welches waren die wichtigsten Punkte für den Erfolg des Ammolite. Wie haben Sie es geschafft?

Hagen: Wir haben mit dem Europa-Park und Thomas Mack einen starken Partner, der uns den Rücken freihält. Als freies Restaurant wäre das nicht so einfach zu schaffen gewesen ...

Mack: ... es war ein mutiger Schritt. Wer den Europa-Park und die Hotels kennt, weiß, dass man auch vor Eröffnung des Ammolite schon sehr gut essen konnte. Ich musste viel Überzeugungsarbeit innerhalb der Familie leisten. Da hieß es, wir haben doch schon das Fine-Dining-Restaurant „Cesare“. Ich hielt dagegen: Wir wollen etwas ganz Besonderes machen! Ich habe für die Idee kämpfen müssen, ich musste präsentieren und Businesspläne vorlegen und als die Entscheidung gefallen war, habe ich von allen die nötige Unterstützung erhalten. Das ist das Schöne an der Familie, dass wir als junge Generation die Chance haben, neue Ideen umzusetzen. Ich glaube ohnehin, Peter Hagen hatte mehr kritische Stimmen im Vorfeld gehabt als ich ...

Hagen: Ja, der eine oder andere Kollege hat gefragt, was machst Du jetzt im Freizeitpark? Kochst Du für die Maus? Es haben viele belächelt und nicht daran geglaubt. Manche Leute kennen den Park auch gar nicht. Ich selbst hatte Vieles nicht gewusst, was ich jetzt kenne.

Was es hier an Logistik und gastronomischer Vielfalt gibt – auch vor Eröffnung des Ammolite – ist schon eine Überraschung. Vermutlich haben die etwas kritischen Kollegen nicht daran geglaubt, dass so etwas in einem Freizeitpark möglich ist. Wir hatten die besten Voraussetzungen und heute sind die kritischen Stimmen der Anerkennung unserer Leistung gewichen.

Mack: Wenn wir keinen Stern bekommen hätten, hätten wir dennoch mit gutem Gewissen sagen können, dass wir die beste Leistung erbracht haben und alles gegeben haben.

Wenn Sie die Küche des Ammolite mit wenigen Sätzen beschreiben sollen, was sagen Sie?

Hagen: Das Wichtigste ist, dass wir das Hauptaugenmerk auf den Geschmack legen, aber nie etwas erzwingen wollen. Natürlich setzt sich unsere Küche aus vielen Faktoren zusammen, die ich in meiner Laufbahn auch unbewusst aufgenommen habe und die einfließen. Wir machen uns da eigentlich nicht wahnsinnig viele Gedanken. Meine Philosophie ist: Das Essen soll sich selbst erklären. Wenn ich bei jedem Gericht noch viel dazu erläutern muss, warum das so ist, dann stimmt irgend etwas nicht. Ich will kein Marketing, sondern ich will einfach gut kochen.
Mack: Das Tolle an dieser Küche ist, man hat mit einem Löffel den kompletten Geschmack, die verschiedenen Nuancen. Das kenne ich von wenig anderen Köchen. Es gibt auch wenige Interpretationsmöglichkeiten, wie man was zu essen hat. Die Küche von Peter Hagen ist einfach, aber außerordentlich schmackhaft. Gerade die Soßen sind sensationell gut.

Wie ist es überhaupt gelungen, einen so guten jungen Koch und ein so gutes Team zu finden? Das gehört ja alles zusammen.

Mack: Es war nicht ganz einfach. Wir haben Anzeigen geschaltet. Aber letztlich ging es über einen persönlichen Kontakt, über den ich den Hinweis auf Peter Hagen bekommen habe. Dann gab es einen Termin mit einem Probekochen und das war super. Und es hat auch menschlich gleich gepasst. Das ist für mich unheimlich wichtig. Er musste ein gutes Team zusammenstellen und führen. Gerade bei diesem offenen Küchenkonzept ist es wichtig, dass sich die Mannschaft mit wenigen Worten versteht.

Es ist ja eine riesengroße Leistung, einen und nun sogar zwei Michelin-Sterne in kürzester Zeit zu erreichen. Was ist denn schwieriger: Die Sterne zu bekommen oder die Sterne zu halten?

Hagen: Ich finde Beides schwierig. Vielleicht steigt jetzt der Druck etwas mehr, den man sich selbst macht. Ich will so weiter machen, wie bisher. Wir sind dafür ausgezeichnet worden, was wir bisher gemacht haben. Natürlich wollen wir uns entwickeln und in kleinen Schritten weiter gehen. So wie bisher: Immer wieder etwas Neues machen, aber nie die Basis verlieren. Das ist unser Konzept.

Hat sich etwas gravierend verändert durch den zweiten Stern?

Mack: An der Gästeanzahl spüren wir das sehr deutlich. Es gibt deutschlandweit 38 Zweisterne-Restaurants. Eines davon sind wir. Das hat auch in den Medien große Resonanz.

Peter Hagen, was war denn die häufigste Journalistenfrage, die Sie gestellt bekommen haben?

Hagen: Was ist Ihr Lieblingsgericht?

Und was ist es?

Hagen: Ich liebe Essen allgemein, habe Spaß am Genuss. Manchmal esse ich ein bestimmtes Fischgericht wochenlang, weil es mir unheimlich schmeckt, dann kommt wieder etwas Neues. Das verändert sich stetig. Das ist wichtig, auch für den Gast.

Mack: Lieblingsessen sind oft mit Erinnerungen verbunden. Ich probiere Vieles sehr gerne. Aber da ist zum Beispiel der Kartoffelsalat von der Oma. Eigentlich esse ich Kartoffelsalat gar nicht so gerne, aber an Heiligabend gibt es seit meiner Kindheit Kartoffelsalat, wie ihn meine Oma zubereitet. Dazu Schäufele mit frisch geriebenem Meerrettich. Das ist für mich ein Festessen. Essen ist oft sehr stark mit Erinnerungen verbunden. Das gibt es noch mit Musik oder mit Gerüchen.

So kann also auch ein einfaches Gericht Glückgefühle auslösen ...

Mack: ... ja klar, und es ist oft sehr schwierig, ein einfaches Gericht wirklich gut zu machen ...

Sie arbeiten hier in einer offenen Küche. Das ist spannend für die Gäste, aber doch für Sie eine Herausforderung. Hören und spüren Sie während des Kochens, ob es Ihren Gästen gut geht?

Hagen: Ich versuche schon zu deuten, wie das alles ankommt, gerade bei den Tischen, die ich direkt im Blickfeld habe. Ich spüre die Stimmung. Ich merke, ob alles rund läuft oder auch mal mehr Unruhe da ist.

Ist das positiv für Sie?

Hagen: Ja, wenn es gut ist, ist es sehr gut ... es kann aber auch ein Druck dadurch entstehen.

Wie wichtig ist denn der Service für den Erfolg?

Mack: Es sind drei Faktoren, die sehr wichtig sind: die Küche, das Ambiente und der Service. Und der Service spielt eine ganz besondere Rolle, weil er nahe am Gast ist. Letztendlich ist da das Bindeglied zwischen Küche und Gast. Deshalb muss es eine Harmonie zwischen Küche und Service geben. Marco Gerlach, der Restaurantleiter und Sommelier, macht das sehr erfolgreich. Alles muss passen, sonst haben wir keinen Erfolg.

Wie intensiv stimmen Sie sich mit dem Service ab?

Hagen: Wenn wir das Menü wechseln, probieren wir das Menü mit den Servicekollegen. Marco Gerlach macht die Weinempfehlungen und dann diskutieren wir das und entscheiden. Sterne sind zwar nur für die Küche, aber letztlich ist es doch der Gesamteindruck. Wir können noch so gut kochen, aber wenn sich der Gast unwohl fühlt im Restaurant, haben wir alle verloren. Es geht wirklich alles nur im Team.

Wie ist die Aufteilung: Wie viele externe Gäste kommen und wie viele Hotelgäste kommen?

Mack: Es kommen immer mehr externe Gäste. Am Anfang waren 90 Prozent Hotelgäste und zehn Prozent von außen und heute sind wir schon bei rund 50 Prozent externer Gäste.

Und muss man in den Europa-Park gehen, um in den Genuss der Küche zu kommen?

Hagen: Nein, aber man sollte ...

 Mack: Natürlich kann man direkt ins Ammolite gehen, ohne den Europa- Park zu besuchen. So geht es übrigens mit der gesamten Hotelgastronomie. Die Hotels stehen ja nicht mitten im Park, sondern sind mit allen Restaurants jederzeit von außen für jeden Gast zugänglich. Jeder kann sich im Ammolite oder einem der anderen Restaurants verwöhnen lassen, auch wenn er nicht gerne Achterbahn fährt.

Das Interview führte Horst Koppelstätter.