Beim Sprayen zählt nur das Talent

Graffiti-Künstler René Sulzer besprüht im Europa-Park mit Auszubildenden aus dem Daimler-Werk einen Mercedes GLA

„Das war eine tolle Erfahrung, mit einem Künstler zusammen ein schnittiges Auto zu besprühen“, schwärmt Nadja Tritsch, KFZ-Mechatronik-Auszu- bildende im zweiten Lehrjahr bei Daimler in Rastatt. Als sie von ihrem Meister gefragt wurde, sagte sie spontan ihre Teilnahme an dem zweitägigen Projekt im Europa-Park zu. Insgesamt sechs Auszubildende haben gemeinsam mit dem Graffiti-Künstler René Sulzer Farbdosen in die Hand genommen und einen nagelneuen GLA mit eigenem Graffiti in ein freches, jugendliches Kunstwerk verwandelt. Zuerst musste der schicke Wagen minutiös abgeklebt werden. Mit Hilfe von Kamil Große-Herrenthei sind Scheiben und Scheinwerfer des geräumigen Allradantriebfahrzeuges in Windeseile geschützt. „Ein Lackierer trifft zu 90 Prozent Vorbereitungen wie Abdecken oder Schleifen“, weiß der im Freiburger Daimler-Werk tätige Fahrzeuglackierer. Beim Abkleben des GLA lernen die Auszubildenden die genaue Form des Autos besser kennen. Die Dynamik des Designs, wie beispielsweise die tropfenförmigen Lichter, sollen durch Farbe noch betont werden.

Der frisch gestylte GLA als Graffiti Kunstwerk.

Sulzer nimmt als Projektmoderator die jungen Sprayer unter seine Fittiche. Am ersten Tag überle- gen sie gemeinsam, was den Europa-Park mit dem GLA verbindet. In Skizzen und Entwürfen variieren die jungen Leute das Thema Geschwindigkeit: Wie bekomme ich Geschwindigkeit in Linien? René Sulzer bringt die Teilnehmer mit Fragen auf die Spur. Schablonen oder Logos werden nicht verwendet, vielmehr soll eine eigene Sprache gefunden werden. Der blaue Komet wird schnell zum Motto, ein Looping und die Zahl 40 (für das Jubiläum des Europa-Park) sollen mit verarbeitet werden. Der Stern als verbindendes Element zwischen dem Europa-Park und Mercedes wird aufgenommen, aber nicht exakt abgebildet.

„Wenn ich mit Menschen arbeite, zählt nur deren Talent, nicht welche Sprache sie sprechen oder welche Statussymbole sie tragen, an der Wand sind alle gleich, das gefällt mir auch so am Graffiti-Sprayen“, erklärt der 1983 in Heilbronn geborene Künstler und ausgebildete Maler und Lackierer. Ein Graffiti-Sprayer sprüht meist zuerst lediglich seinen Namen. Daraus entwickelt sich dann ein eigener Stil. „Das hat viel mit Schriftgestaltung zu tun, Schriftzüge mit Schatten und Konturen beginnen zu leben“, erläutert Sulzer. All das kann er locker und dennoch sehr präzise vermitteln. Kein Wunder, dass die jungen Leute gebannt zuhören.

Die Farbwahl ist rasch getroffen: Blau soll die zentrale Grundfarbe des dynamischen GLA sein. „Blau ist auch meine Lieblingsfarbe und wir haben sogar eine Sonderlackierung in Ozeanblau im Werk“, erzählt Giuseppe Papia, der 21-jährige Fertigungsmechaniker-Azubi. Haben sie Angst davor loszulegen? „Nein, wir haben Respekt, uns ist klar, dass wir keine Sekunde zu lang auf die Sprühdose drücken dürfen, sonst gibt es Nasen“, meint Jean-Jacques Haller, Elektroniker im zweiten Lehrjahr. An nur einem Nachmittag haben sie mit vollem Körpereinsatz tatsächlich aus dem GLA ein echtes Unikat gemacht, das während der Sommersaison in der Mercedes-Benz-Hall zu bestaunen ist!

Ute Bauermeister